Archiv der Kategorie: Inselgeschichten

„Es ist genauso wie in Wacken“

Luftsportverein feierte 50jähriges Jubiläum im August

Als Pilot kennt sich Holger Schwede mit Turbulenzen aus. Der Vorsitzende des Luftsportvereins Langeoog e. V. nimmt den ­anhaltenden Regenschauer mit Humor. „Es ist genauso wie in Wacken“, stellt er fest. Denn auch bei dem legendären Metal-Musikfestival „Wacken Open Air“, eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein, war Land unter gewesen. Den Regen bei der Feier zum 50. Geburtstag des Luftsportvereins am 12. August 2023 auf dem TSV-Sportplatz sitzt Holger Schwede mit den ehrenamtlichen Helfern, die aus Familie, Freunden und Vereinsmitgliedern bestehen, gelassen aus. Und mit ihnen viele Gäste.

Wäscheklammern, Wettfliegen und Tandemsprünge
Dicht gedrängt wird unter den Zelten ausgeharrt. Manche probieren ungeachtet des Regens Trendsportgeräte aus, die das Zeltlager der Sportjugend Niedersachsen bereitgestellt hat. Vor allem die Kinder können vom Nass nicht genug bekommen: Die riesige Pfütze vor der Hüpfburg hat es ihnen angetan. DJ Stefan Miener legt unermüdlich Musik auf. An den Stehtischen unter freien Himmel wird sich bei strömenden Regen unterhalten.

Damit keiner beim Betreten des Festgeländes im Matsch versinkt, haben die Organisatoren Holzpaletten am Eingang als provisorische Brücke ausgelegt. Getränkewagen, Grillstand und Kuchentheke sind beliebte Anlaufpunkte. Und auch die Schätzwette am Strandkorb: Wie viele Wäscheklammern sind im Glas? „98 waren es. Einer hatte auch ganz genau getippt“, erzählt Holger Schwede. Drei Preise wurden vergeben – Rundflüge über die Insel. Die konnten auch beim Wettfliegen gewonnen werden.

Sogar im Regen hat sich eine Schlange auf der durchweichten Wiese vor der Tribüne gebildet. Für einen Weitflug-Wettbewerb hatte Holger Schwede aus Bausätzen kleine Propellerflugzeuge vorbereitet. Nacheinander gingen die Flieger in die Luft. Bevor sie abheben konnten, musste die Luftschraube mehrfach gedreht werden, um den Gummimotor aufzuziehen. Ein beherzter Wurf ließ das Modellflugzeug dann mehr oder weniger weit fliegen. Der Weiteste sei 24 Meter geflogen, viele zwischen zwölf und 15 Metern, einige nur wenige Meter, sagt Holger Schwede. „Manche hatten Gewalt angewendet und das war wohl falsch“, resümiert der Langeooger Pilot. Ein großer Spaß sei es für viele gewesen, bei dem es vor allem um das Ausprobieren gegangen sei.

Eigens zum Fest wurde auch das WATT-Theater, ein mobiles Theaterstück von Langeooger Kindern, das von der Insel im Weltnaturerbe Wattenmeer handelt, vom Hafen an den TSV-Sportplatz verlegt. Außerdem fiel am Festtag nicht nur Regen vom Himmel: Die Fallschirmspringer von Skydive Varrelbusch waren erneut auf Langeoog und boten Tandemsprünge an. „Wir hatten sie eingeladen und eigentlich wollten sie den ganzen Tag springen“, so Holger Schwede. Es wurde dann früher Abend, als die Sonne den Regen schlussendlich ablöste. Dafür ist dann noch bis zum Einbruch der Dunkelheit gefeiert worden. – Ein ausführlicher Artikel zur 50-jährigen Geschichte des Luftsportvereins folgt im nächsten „Utkieker“.

-jeg-

Fluffige Feriengäste

Alpakas aus Bielefeld machen Urlaub auf Langeoog

Foto: privatGleich zwei Monate Urlaub auf Langeoog: Welcher Zweibeiner wünscht sich das nicht? Für ein halbes Dutzend Vierbeiner ging dieser Traum unlängst in Erfüllung: Sechs Alpakas aus Bielefeld – zwei erwachsene Stuten, drei Jährlinge und ein kleines Fohlen, das am 11. Juni zur Welt kam – genießen von Mitte Juli bis Mitte September die Sommerfrische auf einer Weide an der Meierei.

Dass zu ihrem Ausblick auch das nahe Schullandheim der Bielefelder Osningschule gehört, ist reiner Zufall. Heimweh kommt da nicht auf, im Gegenteil: „Unsere Alpakas haben sich gut eingelebt“, berichten Martina und Andreas Peter, denen die Tiere gehören. Die Vierbeiner machen tatsächlich „Urlaub“ auf der Insel: „Wir wollen ausprobieren, wie es ihnen im Nordseeklima auf Langeoog ergeht und gefällt“, erklärt Martina Peter.

Mit den Alpakas verbindet die hauptberufliche Förderschullehrerin und ihren Mann eine langjährige Leidenschaft. Seit 2012 halten und züchten sie die sanftmütigen Tiere: „Alpakas haben eine überaus positive Ausstrahlung. Sie wirken beruhigend und ausgleichend.“ Im Bielefelder Stadtteil Sieker, direkt am Nordhang des Teutoburger Waldes, liegt mitten im Grün ihr ­Anwesen. Dort bieten sie unter anderem geführte Alpaka-Waldspaziergänge und Familiennachmittage an (mehr Infos hierzu auf www.alpakas-bielefeld.de). Foto: privat

Wie kommen nun die Alpakas vom Wald zum Watt? „Wir haben uns vor längerer Zeit in Langeoog verliebt“, gestehen Martina und Andreas Peter. Vor zwei Jahren habe das Ehepaar dann am Ortsrand ein Haus erworben, das nun nach und nach renoviert werde. Dabei hätten sie auch Dagmar und Klaus Falke von der Meierei kennengelernt, die ihnen das Angebot mit dem „Weideurlaub“ gemacht hätten, erzählen die beiden. So kam ein Teil der ostwestfälischen Alpakaherde zur „Erholung“ nach Langeoog. Den Hintransport besorgte mit Thorsten Dodt ein befreundeter Tierpark-Leiter aus Herford.

Bei sonnigem Wetter trafen die „Urlaubs-Alpakas“ am 17. Juli an der Meierei ein, wo sie von ihren Besitzern und Dagmar Falke begrüßt wurden. Umgehend verließ das fluffige Sextett den Hänger und sondierte die neue Umgebung. Dann ging es in gemächlichem Trab auf die Sommerweide. Andreas Peter, der die Renovierung des Hauses betreut, schaut seither regelmäßig nach der kleinen Herde. Bis Mitte September, dann geht die Sommerfrische der Bielefelder Alpakas zu Ende – und Martina und Andreas Peter fahren ihre Tiere wieder nach Hause. Aber vielleicht gibt es ja nächstes Jahr wieder Urlaub?

-köp-

Oldenburger auf Langeoog

Neues Leben im Reitstall Süderhof

Zwei Wochen lang klingelte der Wecker jede Nacht alle eineinhalb Stunden. Im Pferdestall war eine Kamera installiert, über die Anna-Marie Agena-Koschewa auch zu Hause die Kontrolle hatte. Die Geburt ihres ersten Fohlens wollte sie auf keinen Fall verpassen. Als es dann soweit war, war es früher Abend und sie machte sich gerade fertig, um eine Freundin zu treffen. Anna-Marie Agena-Koschewa und ihr Ehemann Jörg haben im Oktober 2022 den Reitstall von Edzard Kuper übernommen.
„Canto-L“ ist jetzt einige Wochen alt. Seine Mutter, „Romantic Libertine“, ist 18 Jahre und seit fünf Jahren bei Anna-Marie Agena-Koschewa. Als sie die Stute zum ersten Mal sah, sei sie nervös gewesen, denn ihr habe das Pferd auf Anhieb gefallen. „Aber es heißt“, so die Reiterin, „das Pferd sucht sich den Menschen aus.“ Sie war froh, dass die Sympathie auf Gegenseitigkeit beruhte. Die Stute ist ihr „Seelenpferd“.

Leidenschaft für Oldenburger
„Romantic Libertine“ und ihr Fohlen gehören zur Pferderasse Oldenburger. Über die Rasse heißt es, sie sei gutmütig und leistungsbereit. Freundliche Sportpferde, die sehr umgänglich, mutig und vernünftig sein sollen. Außerdem treue Begleiter mit unkompliziertem Charakter. „Meine Leidenschaft für Oldenburger entstand durch Romantic Libertine“, sagt Anna-Marie Agena-Koschewa. Der Stammbaum ihrer Stute kann sich sehen lassen: Sie ist die Tochter von „Toffi Fee“ und „Don Romantico“, der wiederum der Sohn von „Don Schufro“ ist – ein Ausnahmehengst, der sportlich und züchterisch Geschichte schrieb.
„Romantic Libertine“ ist Anna-Marie Agena-Koschewas „Seelenpferd“.
Die dreifache Mutter ist mit Pferden aufgewachsen. Schon ihr Vater und ihre Tante sind geritten. Im vergangenen Oktober hat sie dann mit Jörg, ihrem Ehemann, den Reitstall von Edzard Kuper übernommen. Bei ihm hatte sie als Kind Reitunterricht, jetzt kommt er regelmäßig zu ihr zu Besuch auf den Süderhof. „Damals gab es gelbe Zehnerkarten“, erinnert sie sich an die Zeit bei ihm.
Durch die Übernahme hat sich manches geändert: Fenster, Dämmung und Fassadenverkleidung des Reitstalls sind neu. Beete wurden angelegt, in einem wächst ein junger Apfelbaum. Geblieben sind die 19 Pferdeboxen und fünf Pferde, die zuvor schon als Einsteller in den Pensions-Pferdeboxen untergebracht waren. Schnell seien alle anderen Boxen ebenfalls vermietet gewesen, freut sich die Insulanerin, die von zwei Mitarbeitern auf dem Hof unterstützt wird.
„Bei uns kann man mit seinem Pferd Urlaub machen“, sagt sie. Auch ein Kuraufenthalt sei für die Tiere möglich: Bei Atemwegserkrankungen, Störungen des Bewegungsapparates, Allergien oder Ekzemen helfe das jod-salzhaltige Reizklima der See den Tieren, sich zu erholen. Sechs Monate bleiben sie dann auf Langeoog.
Schwere Warmblüter für Trauungen und Ausflüge: die Kutschpferde „Martin“ und „Johnny“.
Inzwischen hat die Stallbesitzerin sich auch als Züchterin eintragen lassen – eine weitere Gemeinsamkeit mit Edzard Kuper, der Hannoveraner züchtete. Wie er will auch sie Reitunterricht für Kinder anbieten. „Mir ist es wichtig, den reiterlichen Betrieb weiterzuführen“, sagt sie. „Mein Team und ich freuen uns von Herzen auf jeden Gast und auf strahlende Kinderaugen.“ Außerdem möchte sie Kutschfahrten anbieten. Vor wenigen Wochen sind die Kutschpferde „Martin“ und „Johnny“ auf die Insel gekommen. Schwere Warmblüter, die für Trauungen und Ausflüge eingespannt werden.

Große Pferdeliebe
„Man muss mit dem Herzen hinter all dem stehen. Es sind ganz feinfühlige Tiere. Sie spiegeln dich wider“, sagt die Pferdeliebhaberin. „Manchmal sitze ich in der Box meiner Stute, um zu entspannen. Da merke ich gar nicht, wie die Zeit vergeht.“

-jeg-

Kontakt
Reitstall Süderhof
Reitplatz 1a – 26465 Langeoog
E: info@suederhof-langeoog.de 
T: 0172 – 719 4015
W: https://suederhof-langeoog.de

Der Mann der Pakete

Robin Kupers Inselpaketdienst im zehnten Betriebsjahr erfolgreich – Ehrung für 25 Jahre im EDV-Bereich

Früher, genauer gesagt vor 25 Jahren, wurden Computer noch beim Fachmann vor Ort gekauft. Es gab Software auf CD-ROM dazu und bei Problemen mit dem System kam der Techniker persönlich zum Kunden. Letzteres ist auf Langeoog auch heute noch der Fall. Nämlich dann, wenn bei den zumeist gewerblichen Anwendern irgendetwas nicht so richtig funktioniert.

Die IHK für Ostfriesland und Papenburg gratulierte zum Geschäftsjubiläum. Foto: privatDann wird etwa Robin Kuper kontaktiert, der seit mittlerweile 25 Jahren mit seinem Unternehmen „REK Computer“ teilselbstständig ist. Der gelernte Elektriker hatte vor einem Vierteljahrhundert den Bedarf an professionellem EDV-Service auf Langeoog gesehen und sein Unternehmen gegründet. Im Frühjahr 2023 gratulierte die Industrie- und Handelskammer zum 25-jährigen Geschäftsjubiläum mit einer Urkunde.
Später kam die Festanstellung bei der Gemeinde Langeoog hinzu, bei der Robin Kuper seit mittlerweile 22 Jahren arbeitet. Unter anderem war er auch am Flugplatz tätig und kam so erstmals in direkten Kontakt zum Flugdienst, der seit vielen Jahrzehnten Pakete und Päckchen nach Langeoog befördert.

Zwischen Flugplatz und Empfänger
Wie es sein Vater schon mehrere Jahrzehnte zuvor mit Pferd und Wagen angeboten hat, gründete er einen neuen Lieferdienst, der die Sendungen vom Flugplatz zu den jeweiligen Empfängern transportiert. Der Inselpaketdienst von Robin Kuper war geboren. Das war vor neun Jahren.

Zwei Elektrofahrzeuge warten vor der Verteilhalle am Flughafen auf neue Pakete und Päckchen zur Auslieferung. Foto: Robin KuperHeute, im zehnten Betriebsjahr, setzt das Unternehmen auf eine solide Flotte an Elektrowagen, mit denen die Pakete zum Empfänger transportiert werden. Zwei fest angestellte Mitarbeiter und einige Aushilfen kümmern sich aktuell um Sortierung der Sendungen am Flughafen und Auslieferung an die Empfänger.

Besondere Logistikkette
Dabei werden die Pakete zurzeit nicht mit dem Flugzeug gebracht, was tagtäglich für Verspätung bei der Anlieferung auf Langeoog führt. Grund ist die gesamte Logistikkette, die sich vom normalen Paketdienst auf dem Festland unterscheidet.
So werden die Sendungen zunächst alle nach Emden ins dortige Paketzentrum am Flughafen gebracht. Weil derzeit kein Flugbetrieb angeboten werden kann, fährt ein Lkw mit den für Langeoog bestimmten Paketen zum Fährhafen in Bensersiel. Hier angekommen, verbleiben die Sendungen in der Regel bis zum nächsten Tag und werden erst dann mit der ersten Fähre auf die Insel transportiert. Ein Transportwagen bringt die Sendungen schließlich zum Flughafen, wo die Mitarbeiter von Robin Kuper um 8 Uhr mit der Sortierung und Beladung der Elektrowagen beginnen können.

Zurzeit kommen die Pakete und Päckchen mit der Fähre nach Langeoog. Bis vor einigen Monaten war das per Flugzeug der Fall, was die gesamte Transportzeit um einiges verkürzte. Foto: Robin KuperDoch nicht nur die Logistikkette ist eine Besonderheit, sagt Robin Kuper: „Bei Ankunft der Sendungen im Paketzentrum Emden werden diese gescannt, also elektronisch erfasst. Für das eigentliche Versandunternehmen der Moment, als ob das Paket beim eigentlichen Empfänger angekommen ist.“ Dem ist aber nicht so, denn die endgültige Auslieferung wird erst vom „Inselpaketdienst“ bei Übergabe der Sendung dokumentiert. „Da gab es schon mal die ein oder andere irritierte Rückfrage von Kunden die benachrichtigt wurden, ihr Paket wäre zugestellt. Dabei war es gerade einmal in Emden angekommen“, sagt Robin Kuper.

„Paketdienst hat gute Zukunft“
Der „Inselpaketdienst“ ist seit vielen Jahren Dienstleister für insgesamt vier Paketdienste, nämlich Hermes, UPS, GLS und DPD. Seit Kurzem kooperiert auch DHL Express mit dem Langeooger Unternehmen. Nicht zu verwechseln mit der regulären Post, die weiterhin die klassischen Postpakete für ihre Tochtergesellschaft DHL zustellt.
 Robin Kuper ist seit 25 Jahren auf Langeoog selbstständig. Im zehnten Jahr betreibt er den Inselpaketdienst und liefert Sendungen, die über Hermes, UPS, GLS, DPD oder DHL Express auf die Insel kommen, an die Empfänger aus.
Rund 200 Pakete und Päckchen unterschiedlicher Größen verteilt der „Inselpaketdienst“ Tag für Tag auf Langeoog. Dabei können es in Spitzenzeiten auch mal bis zu 450 Sendungen werden. Retourensendungen oder Pakete, die bereits freigemacht sind, können beim „Inselpaketdienst“ auch zum Transport zurück aufs Festland abgeben werden. Zur Anmeldung einer Abholung ist Robin Kuper unter Telefon 01575-2424-794 oder E-Mail an info@inselpaketdienst.de erreichbar. „Unser Ziel ist es, alle Pakete am selben Tag den Empfängern auszuhändigen. Die von uns beförderten Sendungen haben im Schnitt eine Verweildauer von rund drei Stunden, bis wir sie am Bestimmungsort übergeben“, erklärt Robin Kuper, der schon Pläne für die kommenden Jahre schmiedet. Denn: „Der Paketdienst hat eine gute Zukunft.“
Robin Kuper hat eine IHK-Fachkundeprüfung abgelegt und eine EG-Lizenz für den gewerblichen Güterkraftverkehr erworben. Ob er diese tatsächlich braucht und dann auch Transporte auf dem Festland anbietet, steht zwar noch nicht fest. Aber: „Haben ist besser als brauchen“, sagt Robin Kuper, der sich die Expansion seines Unternehmens zum 10-jährigen Jubiläum gut vorstellen kann.

-utk-

Stolpern, um wach zu bleiben

Heimatverein plant Verlegung von Stolpersteinen

Unterhalb des Langeooger Wasserturms, dort, wo heute der Park an der Kaapdüne ist, stand das Café Dünenschlößchen. Neun Jahre wurde es von der Familie de Heer betrieben. Von 1929 bis 1938.
Das Café Dünenschlößchen wurde neun Jahre von der Familie de Heer betrieben – Stolpersteine sollen an sie erinnern. Foto: Verlag Forster, Langeoog/Broschüre Haus DünenlustMargarethe de Heer-Raphael war Jüdin. Aufgrund ihrer Abstammung wurde die Familie im Nationalsozialismus „drangsaliert, schikaniert und schließlich von der Insel vertrieben“ – die Informationen hat der Heimatverein Langeoog zusammengetragen. Eine alte Postkarte erinnert im Informationskasten vor dem Heimathaus an das einstige Café.
Um an die Familie de Heer zu erinnern, plant der Verein die Verlegung von Stolpersteinen und einer Informationstafel am einstigen Standort des Dünenschlösschens; bei der Gemeinderatsitzung Ende März wurde dem zugestimmt. Ein Termin ist für Anfang Juni 2024 geplant.

Erstverlegung auf Langeoog
Auf der Insel werden dann zum ersten Mal Stolpersteine verlegt. Der Künstler Gunter Demnig nimmt die Erstverlegung immer selbst vor. 1996 begann er mit der Umsetzung des Projekts, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Im Mai dieses Jahres verlegte er den 100.000sten Stolperstein.
Bis es zur Verlegung auf Langeoog kommt, plant der Heimatverein, der auch die Kosten übernehmen wird, ein Patenschaftsnetzwerk aufzubauen. So solle es etwa zu einer Zusammenarbeit zwischen Heimatverein und Inselschule kommen, erzählt Erhard Nötzel, Vorsitzender des Heimatvereins. „Es ist wichtig, die Erinnerungen wach zu halten. Deshalb wollen wir auch die Schule mit ins Boot holen“, sagt er. „Das Projekt soll nicht mit der Steinverlegung beendet sein. Wir wollen ein Sonderheft machen, um die Familie de Heer in den Vordergrund zu stellen. Es ist wichtig, sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.“

„Eine Geschichte von Langeoog“
Die Familie de Heer betrieb neben dem Café Dünenschlößchen auch das Haus Dünenlust. Norda Westerkamps Eltern kauften 1964 die leerstehende Pension. Alte Rechnungsblocks, Fotografien und Geschirr habe es von der Familie de Heer noch im Haus gegeben, erinnert sich die Langeoogerin. Und ihre Eltern haben ihr die Geschichte der Familie erzählt.
Im Jahr 2006 übernahmen sie und ihr Mann Frank Niemeier das Haus und brachten zu ihrem zehnjährigen Jubiläum die Broschüre Eine Geschichte von Langeoog. Haus Dünenlust heraus. Autor der Chronik ist Christoph Lowes.
In der Chronik heißt es: Die Familie de Heer kaufte das Haus Dünenlust 1933. Aufgrund der politischen Situation mussten sie ihr Café 1936 verpachten, 1938 ihre Pension. In selben Jahr verließen Margarethe und ihr Mann Pieter mit ihrem Sohn Adolf die Insel. Sie flohen in die Niederlande, dem Heimatland von Pieter de Heer.

Die Aufnahme zeigt das Haus Dünenlust Anfang der 1960er-Jahre. Handschriftlich wurden auf der Rückseite vermerkt: „zirka 1.300qm, davon zirka die Hälfte bebaut, Brandkassenwert +/- 28.000, zirka 30 Räume , 5 WC, Betten 40-60, alles mit fließendem Wasser.“ Fotos: Broschüre Haus Dünenlust„Neben den örtlichen nationalsozialistischen Umtrieben wimmelte es auf der Insel von Angehörigen der Luftwaffe und von Funktionsträgern aus Verwaltung und Politik.“ Etwa 1937 wurde begonnen, Langeoog zu einem großen Militärstützpunkt auszubauen. 1940 wurde das Café niedergerissen, die Pension zwangsversteigert.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich die Familie de Heer in mehreren langwierigen Verfahren für die Rückgabe ihres enteigneten Hauses ein. Ab 1952 konnte sie ihre Pension wieder eröffnen. Zwei Jahre später verstarb Pieter de Heer. Seine Ehefrau führte die Pension mit Sohn Adolf weiter. 1962 verschwanden sie von der Insel.
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„Margarethe de Heer soll eine engagierte, leidenschaftliche Pensionswirtin gewesen sein“, das hätten ihr ehemalige Mitarbeiter erzählt, erinnert sich Norda Westerkamp. Durch einen Zufall lernte Autor Christoph Lowes die Ehefrau von Adolf de Heer kennen: Annie. „Sie ist vor zwei Jahren verstorben“, so Norda Westerkamp. In Winschoten habe Annie mit ihrem Mann einen Eissalon betrieben. Über ihr Leben gebe es eine Biografie auf Niederländisch, die sie ins Deutsche übersetzen wollen, sagt Norda Westerkamp. Außerdem solle es auch beim Haus Dünenlust eine Informationstafel zur Geschichte der Familie de Heer und dem Haus geben.

-jeg-

„Es muss und wird weitergehen“ 

Der Eine-Welt-Laden der Inselkirche sucht neue Mitwirkende 

Kürzlich bekam der Eine-Welt-Laden (EWL) auf Langeoog zwei Geschenke aus Burkina Faso, Westafrika: Eine Holzarbeit und ein Batik-Bild der Technikschule CET in Koudougou, die der EWL unterstützt. Beide Kunsthandwerke schmücken nun den Verkaufsraum des Ladens, der zur Inselkirche gehört. Die Geschenke sind ein Dankeschön für 40 Mangobäume, die die Schule pflanzen konnte. Ermöglicht hat dies der Inselkirchen-Gottesdienst zum Erntedankfest, bei dem 600 Euro gesammelt wurden.
Deike Neumann leitet den EWL. Sie arbeitet ehrenamtlich. Wie alle im Team, das zurzeit aus acht Mitwirkenden besteht. „Ich möchte etwas zurückgeben. Viele Menschen haben nicht die Chancen, die ich hatte. Mir ist es wichtig, dass Menschen für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden, sie sollen nicht ausgebeutet werden, Kinder sollen zur Schule gehen können. Bildung ist ganz wichtig“, sagt die Leiterin über ihre Beweggründe, im EWL zu arbeiten. Bis zum Sommer wird sie noch dabei sein, dann zieht sie mit ihrer Familie aufs Festland. 2015 fing sie im EWL an und freut sich, dass in den vergangenen Jahren das Sortiment ausgebaut werden konnte und der Laden sich von alleine trägt. „Wir haben den Umsatz gesteigert und konnten so die jährliche Zuweisung nach Burkina Faso erhöhen.“ Darauf sei sie ziemlich stolz.

Das Angebot im EWL ist eine Mischung aus fair gehandelten und ökologischen Produkten: Farbenfrohe Socken, handgefärbte Strickgarne der Fraueninitiative Manos del Uruguay, Sonnengläser, Upcycling-Produkte (wie die aus alten Zementsäcken hergestellten Handtaschen oder Blechautos aus alten Dosen), Handwerkskunst, Lebensmittel, Briefpapier und Blöcke aus Recyclingpapier, Bücher, Bambus-Zahnbürsten, Seifen und Taschen, zu denen auch die Langeooger Fairtrade-Tasche gehört – sie alle sind Teil des Sortiments.
Langeoog wurde 2012 als 1. Deutsche Fairtrade-Insel zertifiziert. Es gibt eine Fairtrade-AG und einen Fairtrade-Führer mit allen Betrieben, die Produkte aus fairem Handel anbieten. „Wir haben den Unternehmen angeboten, diese Produkte über uns zu bestellen. Und bei Aktionen der Fairtrade-AG sind wir auch dabei“, erzählt Deike Neumann. „Es ist ein gesellschaftliches Thema und da hilft es, solidarisch zu sein.“

Elefanten im Eine-Welt-Laden 
„Vor Corona hatten wir jeden Tag auf“, sagt sie. Den Laden wieder öfters zu öffnen, sei momentan nicht möglich, da sie einfach zu wenig seien. „Zurzeit sind wir zweimal die Woche da – dienstags und sonntags. Eventuell kommt noch der Donnerstag hinzu, wenn wir genügend Kapazitäten haben.“ Doch seien die Öffnungszeiten nicht in Stein gemeißelt. Wenn jemand mitmachen wolle und nur zu einer anderen Zeit könne, ließe sich das einrichten. Die Zukunft des Ladens sieht Deike Neumann weiterhin optimistisch: „Es muss und wird weitergehen. Auch wenn es vielleicht Einschränkungen geben wird“, sagt sie.
„Es ist ein spannendes Thema und wir sind eine total nette Truppe. Wer mithelfen möchte, sollte eine Affinität zu den Waren haben und eigenverantwortlich arbeiten wollen“, erklärt Deike Neumann. Jeder suche sich raus, was er gerne machen wolle. So gebe es eine Kollegin, die sich um die Postkarten kümmere, eine andere habe das Weinsortiment aufgebaut.
Sie selbst mache die Buchhaltung und die Kassenabrechnung, Monatsberichte, den Dienstplan, Bestellungen – und sei auch im Verkauf dabei. Der Austausch mit den Kunden gefalle ihr. Einmal habe eine Kundin gesagt: „Zeigen Sie mir alles mit Elefanten.“ Daraufhin habe Deike Neumann ihr einen Elefanten aus Speckstein gezeigt, Taschen, Maßbänder, eine Fingerpuppe und ein Armband, das als Projektspende den Schutz von Elefanten unterstützt.

Die Begegnung mit den Menschen schätzt auch Norda Westerkamp. Sie gehört seit drei Jahren zum Team. Ihr gefalle es, fair gehandelte, schöne und leckere Produkte zu verkaufen und mit „Produkten mit Hintergrund“ etwas zu vermitteln. Und: „Was mir so Spaß macht, ist der Kontakt zu den Menschen, die hierherkommen.“
Im Laden ist Silke Kipp, die gerade ihren Urlaub auf Langeoog verbringt, seit Jahren auf die Insel kommt und dann immer den EWL besucht. Sie sagt: „Ohne diesen Laden wäre Langeoog nicht Langeoog. Hier kann man sicher sein, dass man mit seinem Einkauf was Gutes tut.“

-jeg-

Eine-Welt-Laden der Inselkirche Langeoog 
Dienstags und sonntags hat der Eine-Welt-Laden (Vangerowpad 2 / Haus der Kirchengemeinde – zwischen Inselkirche und Vertrauensbücherei) von 10.30 bis 12.30 Uhr geöffnet und je nach Kapazität auch donnerstags zur selben Uhrzeit.
Wer im Eine-Welt-Laden mitmachen möchte, kann sich gern an Deike Neumann
(Tel.: 04972 / 990 23 89) wenden oder im Pfarramt melden.