Alle Beiträge von Jennifer Gliemann

Müll zu Müll

World Cleanup Day zum siebten Mal auf der Insel Langeoog

Die „Bunten Buden“ sind auf Langeoog ein beliebter Treffpunkt. So auch für die Teilnehmenden des Insel-Cleanups am 20. September. Zum siebten Mal hat der Ortsverband Langeoog vom Bündnis 90/Die Grünen zum World Cleanup Day, zum Weltaufräumtag, aufgerufen. An diesem Tag sammeln Menschen weltweit achtlos weggeworfenen Abfall wieder ein, um so ein Zeichen für eine saubere, gesunde und plastikmüllfreie Zukunft zu setzen.

In ihrer Ansprache schilderte Bärbel Kraus, Vorstandssprecherin der Langeooger Grünen, die schädlichen Auswirkungen des Plastikmülls für die Tierwelt und die Weltmeere. „Nach Angaben der Vereinten Nationen finden sich auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche bis zu 18.000 Plastikteile“, so Bärbel Kraus. Daher sei es wichtig, Küsten und Strände zu reinigen. Ebenfalls für den 20. September hatte Friday for Future zum globalen Klimastreik aufgerufen, wodurch sich für die Insel-Grünen eine „Kombiaktion“ aus Klimastreik und Cleanup ergeben habe. Tier-, Umwelt-, Küsten- und Klimaschutz hingen miteinander zusammen, erklärte Bärbel Kraus. „Denn die schädlichen Folgen für das Klima durch Plastik und Microplastik im Meer sind ja durch zahlreiche Studien belegt.“

Für das Insel-Cleanup bekamen die Teilnehmenden Handschuhe und Müllbeutel gestellt. Jeder konnte für sich sammeln und den Abfall anschließend in den Strandmülleimern entsorgen. Der Langeooger Uwe Garrels beteiligte sich an der Aktion. Der ehemalige Bürgermeister der Insel ist Ratsmitglied und seit 41 Jahren Wattführer. Für ihn sei es selbstverständlich, beim Cleanup mitzumachen. „Es ist wichtig, dass unsere Strände in Ordnung sind. Ich möchte meinen Beitrag dafür leisten“, sagt er. Gesucht habe er am Hauptstrand, so wie viele andere. Gefunden habe er wenig auffälligen Abfall, was er gut fand. „Viel Kleinmist“ sei es gewesen, Reste von Fischernetzen, feine Kunststofffäden in blau und orange. Rund um die Strandkörbe habe er Plastiktüten, Papiertücher, einige Snackverpackungen und vergessenes Kinderspielzeug gefunden. Außerdem Zigarettenkippen. „Sie sind immer wieder da, sie verschwinden leicht im Sand“, stellt er fest. Es sei ein „unangenehmer Abfall“, der nicht sein müsste.

Zieht er den Vergleich zu noch vor einigen Jahren, sei es regional weniger Müll geworden, der achtlos in die Landschaft geworfen werde. Einen schönen Fund machte der Insulaner allerdings auch: Drei junge Stranddisteln am Dünenhang. Auf Langeoog seien sie sehr selten geworden, so der Wattführer, aber es zeige sich, dass sie eine Chance haben, wenn die Naturräume intakt seien.

Spielerischer Umweltschutz
Ergänzend zum Cleanup hatte Insulaner Olaf Hube vom Modegeschäft „Buddelei“ eine Installation zum Thema Natur- und Umweltschutz bei den „Bunten Buden“ aufgebaut. Zum ersten Mal hatte er diese wenige Tage zuvor im Rahmen der Fairen Woche vor dem Rathaus gezeigt.

Bei der Installation handelt es sich um ein Holzregal aus mehreren Modulen, einigen Aquarien und Umklappkarten mit Fragen-Antworten. Eine davon fragt, wie viel der Meeresspiegel im Jahr 2100 wohl auf Langeoog und den Malediven angestiegen sein wird, wenn wir mit dem Klima-Temperatur-Anstieg so weitermachen? Die Antwort: 1 Meter auf Langeoog und 1 bis 1,5 Meter auf den Malediven.

Ihm sei es wichtig gewesen, spielerisch die Probleme zu zeigen und nicht mit erhobenen Zeigefinger, so Olaf Hube. Deshalb habe er sich für ein Quiz entschieden mit klaren Antworten. Ende Juli, Anfang August hatte er mit dem Bau begonnen, zuvor Themen gesammelt und recherchiert. An beiden Tagen sei er mit interessierten Menschen ins Gespräch gekommen; geschätzt haben sich insgesamt rund 140 Menschen mit der Installation auseinandergesetzt.

Dass er sich mit dem Thema Natur- und Umweltschutz beschäftigt, kommt nicht von ungefähr: „Ich bin Pfadfinder von meiner Jugend an. Ich liebe die Natur. Die Natur ist dein Freund, nicht Feind“, betont er. Es gehe darum, in und mit der Natur zu leben. Das sei ihm als Kind schon durch seine Eltern vermittelt worden, sei bis heute so und sei auch ein wichtiger Grund, warum Langeoog sein Zuhause ist. Olaf Hube war sechs Jahre alt, als er auf die Insel zog.

In der „Buddelei“ bietet er inzwischen ausschließlich ökologisch hergestellte Bekleidung an, die unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurde. „In diesem Jahr haben wir 1.500 biologisch hergestellte Baumwoll-T-Shirts verkauft. Im Vergleich zu konventionell hergestellten konnten wir so 900.000 Liter Wasser einsparen“, freut er sich. Was ihn auch freut: Sein Eindruck ist, dass es der Natur auf Langeoog besser gehe. Die Natur könne immer mehr sie selbst sein. Kürzlich habe er sogar einen Seeadler gesehen. „Ich denke, dass das Bewusstsein für unsere Natur stärker geworden ist, weil jeder ein bisschen was tut. “

-jeg-

World Cleanup Day und Digital Cleanup Day
Der World Cleanup Day ist ein Projekt der Bürgerbewegung „Let’s Do It World!“, die 2008 in Estland entstand, als 50.000 Menschen an einem Tag gemeinsam Müll im gesamten Land aufsammelten. In diesem Jahr nahmen Millionen Menschen in mehr als 190 Ländern teil, um ein Zeichen für eine saubere, gesunde und plastikmüllfreie Umwelt zu setzen.

Nach Angaben der Initiatoren von „Let’s Do It Germany! e. V.“ beteiligten sich in Deutschland mehr als 630.000 Menschen in knapp 2.500 Städten und Gemeinden an den organisierten Müllsammelaktionen (Cleanups). Der nächste World Cleanup Day ist am 20. September 2025.

Neben dem World Cleanup Day organisiert der Verein auch den Digital Cleanup Day, der am 15. März 2025 stattfindet. Der Aktionstag soll den digitalen Fußabdruck reduzieren und einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Das Aufräumen unnötiger digitaler Inhalte steigert die Leistung der Geräte und verringert die CO2-Emissionen. Mehr Infos zur Aktion auf www.worldcleanupday.de.

Als Kurpastor auf Langeoog

Hermann Breulmann ist für Insulaner und Gäste da

Auf Langeoog werden die evangelisch-lutherische Inselkirche und die katholische Kirchengemeinde St. Nikolaus von Kurpastorinnen und Kurpastoren unterstützt. Für einige Wochen gestalten sie Gottesdienste, halten Vorträge und führen Seelsorge-Gespräche. In der katholischen Gemeinde gehören auch Taufen und Trauungen dazu; in der Inselkirche geschieht dies in Ausnahmefällen.

Kurpastor Hermann Breulmann
Vom 21. Oktober bis zum 03. November 2024 kümmert sich Hermann Breulmann als Kurpastor um die katholische Kirchengemeinde auf Langeoog und um Gäste, die Beistand und Gespräche suchen. Hermann Breulmann kommt aus Berlin. Er gehört dem Jesuitenorden an. Er ist 76 Jahre alt, war nach seiner Promotion zunächst Hochschulpfarrer in Hamburg, dann ein Jahr in Mexiko. Nach dieser Zeit wurde er Geistlicher Rektor der Begabtenförderung der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk in Bonn. Dann schloss sich die Zeit als Rektor des Canisius-Kollegs in Berlin an. Am Ende dieser Zeit ging es nach Süden, nach München als Rektor der Innenstadtkirche Sankt Michael mit einer berühmten Tradition der Kirchenmuik. Dann wieder in den Norden, nach Hamburg als Geistlicher Rektor an die Katholische Akademie. Nach einigen Jahren in Osnabrück lebt er jetzt wieder in Berlin am Lietzensee in Charlottenburg an der Jesuitenpfarrei Sankt Canisius.

Welche Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche haben Sie an Ihren Inselaufenthalt?
Ich kenne die Insel Langeoog schon seit einigen Jahren. Wie alle Urlauber freue ich mich auf eine Zeit ohne Handy und den Lärmteppich von Berlin. Manchmal gibt es auch ein überraschendes Wiedersehen mit Urlaubern aus früheren Jahren in der Kirche. Dann gibt es einen Klönschnack im Anschluss an die Messe nach dem Motto: Was hat sich in den letzten Jahren getan, wissen Sie noch damals auf der Insel? Was machen ihre Kinder?

Per pedes, mit dem Rad oder der Kutsche – Langeoog ist eine autofreie Insel. Wie erleben Sie diese Art der Mobilität?
Ich bin seit einer Operation etwas gehbehindert. Deshalb leihe ich mir ein E-Bike und erkunde die Insel. Dann wird geprüft, wann die Tide ist. Mit den Stöcken geht es dann zum Strand und zu „meinem“ Strandkorb als das zweite Zimmer am Meer. Als romantisch veranlagter Mensch berühren mich dann gegen Abend besonders die Sonnenuntergänge mit der außergewöhnlichen Stimmung.

Was können wir aus Ihrer Sicht vom Leben auf einer Insel lernen?
Ich glaube: Geduld, Verlangsamung der erlebten Zeit, die gelassene Hinnahme des Wetters, die eingeschränkten Möglichkeiten, der „langen“ Weile durch alle möglichen Zerstreuungen zu entfliehen. Wohin auch? Der Mode-Designer Joop sagte einmal: Heimat ist für mich, wo es gute Wiederholungen gibt. In diesem Sinne ist Langeoog eine Heimat für mich

-jeg-

Strandkorb ohne Strand

AG Fairtrade-Insel Langeoog stellt Strandkorb in die Nordsee, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen

Strandkörbe sind an der See ein beliebtes Fotomotiv. Malerisch stehen sie am Strand, das Meer im Hintergrund. Auf Langeoog ist das Mitte September anders gewesen. Jedenfalls für einen Strandkorb. Am späten Vormittag des 17. Septembers stand er für über eine Stunde in der Nordsee und auf seiner Sonnenblende: „Schöne Grüße von Langeoog 2050.“

Der Grund für den Standortwechsel des Korbes und die Reise Zukunft war die Faire Woche. Sie wird seit mehr als 20 Jahren vom Verein „Forum Fairer Handel e. V.“ organisiert. Dieses Jahr fand sie deutschlandweit vom 13. bis 27. September zum zweiten Mal unter dem Motto „Fair. Und kein Grad mehr!“ statt. Thema: Klimagerechtigkeit.

„Klimawandel, faire Produktions- und Handelsbeziehungen hängen zusammen“, sagt Frank Niemeier, Sprecher der AG Fairtrade-Insel Langeoog. Die Arbeitsgruppe hat sich daher in diesem Jahr für eine Mitmach-Aktion rund um den im Meer stehenden Strandkorb entschieden, denn der Anstieg des Meeresspiegels betrifft auch die Nordsee.

Hineinsetzen, Selfie machen, posten – der Strandkorb in der Nordsee sorgte für Infomaterial, Gesprächsstoff und zahlreiche Fotos. Langeoogliebhaberin Britta Schnakenwinkel – seit 23 Jahren kommt sie auf die Insel – hatte sich extra den Wecker gestellt, um die Aktion nicht zu verpassen. „Ich verkleide mich als Oma“, war ihr erster Impuls, als sie davon hörte. Dann entschied sie sich doch für einen Pullover mit dem Aufdruck Langeoog, um die Fotoaktion zu unterstützen.

Ende August hatte bereits ein Probelauf stattgefunden, bei dem eine Postkarte entstand, die die Mitmach-Aktion beworben hat. Damit sie umgesetzt werden konnte, bekam die AG Fairtrade-Insel Langeoog Unterstützung durch den Inselfotografen Deff Westerkamp, Strandmeister Marc Prochatschek und Klimaschutzmanager Thomas Hönscheid. Beide von der Inselgemeinde und von der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) am Aktionstag durch Tamara Angele, Axel Schönig und Wolfgang Schlotzig.

Frank Niemeier freut sich, dass sie mit ihrer Aktion viel Aufmerksamkeit erhalten haben und dadurch die unterschiedlichsten Menschen erreichen konnten. „Unser Hauptziel ist mehr Publicity für den Fairen Handel zu bekommen und das hat mit der unkonventionellen Aktion gut geklappt.“

Weitere Aktionen auf Langeoog
Vor dem Rathaus hat sich das Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Langeoog am Nachmittag des 17. Septembers mit einem Infostand zum Thema Klimagerechtigkeit an der Fairen Woche beteiligt. „Mit unserem Stand möchten wir auf die drängenden Probleme, die mit klimatischen Veränderungen einhergehen, hinweisen, und wir wollen aufzeigen, was wir alle dazu – neben und mit dem Fairen Handel – ganz praktisch zur positiven Veränderung beitragen können. Denn Erzeugung, Verarbeitung und Transport von Handelsgütern aus aller Welt sind wesentliche Faktoren, die von uns vor Ort durch bewusste Entscheidungen bei und durch unseren eigenen Konsum beeinflusst werden können“, so Bärbel Kraus von den Langeooger Grünen.

Anwesend war auch Olaf Hube, Inhaber des Modegeschäfts Buddelei. Er hatte eine selbstentworfene Installation aufgebaut, die spielerisch Fragen zum Klimawandel und den Auswirkungen auf die Nordsee beantwortete.

Auch die Kirchengemeinden auf Langeoog haben das Thema der Fairen Woche aufgegriffen: In der katholischen Kirche St. Nikolaus ist die Abendmesse am Gedenktag Hildegard von Bingen, am 17. September, gehalten worden. Die Äbtissin, Kirchenlehrerin und Mystikerin hatte als Heilkundige eine intensive Verbundenheit zur Schöpfung – die Messe stand zusätzlich unter dem Schwerpunktthema „Fair. Und kein Grad mehr!“ In der evangelisch-lutherischen Inselkirche hat es am 22. September einen Predigt-Gottesdienst zum Thema der Fairen Woche gegeben. Im Anschluss lud das Team vom Eine-Welt-Laden (EWL) zum Gespräch und Austausch ins Foyer des Beiboots ein – bei fair gehandelten Keksen und Kaffee.

-jeg-

Vor 70 Jahren: Seenotretter finden vermisste „Nossan“

Tagelange Suche nach Frachter mit sechs Seeleuten in Seenot – DGzRS-Boot „Langeoog“ erfolgreich

In voller Fahrt: das DGzRS-Motorrettungsboot „Langeoog“. Archivfoto: Die Seenotretter – DGzRS

Es ist einer der längsten Such- und Rettungseinsätze in der ­nahezu 160-jährigen Geschichte der Seenotretter auf Nord- und Ostsee: Vor 70 Jahren verschwindet im Herbststurm in der Deutschen Bucht ein in Seenot geratener schwedischer Frachter. Tagelang fragen sich viele Menschen in Norddeutschland: Wo bleibt die „Nossan“?

Das Motorrettungsboot „Langeoog“ der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hat entscheidenden Anteil daran, als das manövrierunfähig treibende Küstenmotorschiff mit sechs Seeleuten an Bord am 18. September 1954 endlich gefunden wird – nach 73 Stunden in ­tosender See.

Die „Nossan“ verschwindet im Sturm
Mit zehn Beaufort weht der Sturm, als die „Nossan“ am Mittwochabend, 15. September 1954, auf der Nordsee in Seenot gerät. Sie ist mit rund 600 Kubikmetern Fichtenholzbrettern beladen. Unterwegs nach London, fällt vor der niederländischen Insel Vlieland die Maschine aus. Die „Nossan“ legt sich quer zur See, schlingert heftig. Wellen brechen sich auf dem Deck. Trotz erheblicher Anstrengungen der Besatzung ist die Reparatur mit Bordmitteln unmöglich. Die „Nossan“ treibt manövrierunfähig im schweren Sturm. Eine Funkanlage hat sie noch nicht.

Sicher in Cuxhaven eingelaufen (v.l.): das Küstenmotorschiff „Nossan“, der Bergungsschlepper „Danzig“ und die „Langeoog“. Archivfoto: Die Seenotretter – DGzRS

Um 2.30 Uhr trifft die „Niederelbe“ bei der „Nossan“ ein. Das deutlich kleinere deutsche Schiff hat noch schwerer mit der See zu kämpfen. Doch das Unmögliche gelingt: Vor Terschelling nimmt die „Niederelbe“ die manövrierunfähige „Nossan“ in Schlepp. Mehrfach bricht die Trosse. Als es nicht mehr gelingt, die Leinenverbindung wiederherzustellen, treibt die „Nossan“ schnell außer Sicht.

Gegen 9 Uhr entdeckt der Dampfer „Gustav Pistor“ den Havaristen. Er kommt nicht nahe genug heran. Über Funk fordert er Schlepperhilfe an. Die „Nossan“ treibt hilflos weiter. Die Halligen melden „Land unter“. In Cuxhaven stehen 3,50 Meter Wasser über normal im Hafen. Vor Neuwerk retten die Seenotretter zwei Männer von einem Arbeitsboot, vor Pellworm drei Fischer eines Kutters. Nun versuchen Bergungsschlepper, die „Nossan“ zu finden. Sie haben keinen Erfolg.

Noch immer herrscht Sturm. Die „Nossan“ hat Schlagseite. Übergekommenes Wasser ist bis in die Kammern gelaufen. Sie sind nicht mehr zu bewohnen. Die Crew stellt einen Treibanker her und bringt ihn aus, um das Schiff zu stabilisieren. Andere Schiffe in der Ferne bemerken die Lage der „Nossan“ nicht. Ihr grauer Rumpf ist in der aufgewühlten See nicht auszumachen. Seenotsignale werden nicht gesehen. Die übermüdete Besatzung greift zu einem verzweifelten Mittel: Bis zum Bauch in überkommenden Seen arbeitend, wirft sie mehr als 60 Kubikmeter Holz über Bord, um das starke Hin-und-Her-Rollen zu verringern. Die Küstenfunkstellen senden unentwegt Dringlichkeitsmeldungen (Pan-Pan) aus.

Die „Nossan“ bleibt verschwunden
Am 17. September überfliegen zwei Suchflugzeuge in Absprache mit der DGzRS die Nordsee zwischen Borkum und Wangerooge. Und endlich: Kurz nach 16 Uhr entdecken sie die mit schwerer Schlagseite treibende „Nossan“ – 140 Seemeilen (260 Kilometer) von ihrer ursprünglichen Position entfernt. Die Motorrettungsboote „Lübeck“ der Station Wangerooge, „Langeoog“ der Station Langeoog und der aus der Wesermündung kommende Seenotrettungskreuzer „Bremen“ nehmen Kurs auf die gemeldete Position. Aus Cuxhaven laufen zwei Bergungsschlepper aus.

Der Sturm weht aus Südwest mit Stärke 9 bis 10 (bis zu 100 Stundenkilometer). Auf der „Langeoog“ kämpfen sich Vormann Hillrich Kuper, Rettungsmann Tjard Mannott und Maschinist Hans Bux durch die Accumer Ee Richtung freie See. Ständige Regenböen nehmen den Seenotrettern die Sicht. Sie hoffen, die „Nossan“ gegen 18.30 Uhr zu finden. Schwer stampft das Motorrettungsboot in der hohen steilen See. Doch am angegebenen Ort gibt es keine Spur von der „Nossan“.

Erfahrung des Vormanns ist Schlüssel zum Erfolg

Dank der großen Erfahrung des Vormanns wendet sich das Blatt: Kuper weiß, dass bei Flugzeugmeldungen die geographische Länge meist stimmt, weil sie beim Passieren der Küste Land unter sich sehen. Aber die geographische Breite ist wegen der hohen Fluggeschwindigkeit oft sehr ungenau. Der Vormann entscheidet, das Suchgebiet zu verändern: Die „Langeoog“ sucht nun weiter nördlich und – volle Ebbstrom-Abdrift eingerechnet – etwas weiter westlich.

Und tatsächlich: „Liek vöruut, doar drifft de ‚Nossan‘!“ („Recht voraus, da treibt die ‚Nossan‘!“), schreit Kuper es im Sturm zu Mannott neben ihm auf dem offenen Fahrstand, als die „Langeoog“ gegen 20.30 Uhr den Havaristen im Suchscheinwerfer hat, querab der Insel Wangerooge. Im schweren Seegang ­gelingt es den Seenotrettern, sich bis auf wenige Meter zu nähern. Mannott und Bux halten sich an Deck, obwohl die „Langeoog“ tief in die Wellen eintaucht und beide bis zum Bauch im Wasser stehen. Die „Nossan“ bringt eine Leine aus. Es gelingt ihnen, sie einzufangen und mit der Schleppleine der Seenotretter zu verbinden. Mit großem seemännischen Geschick bringt Vormann Kuper den Schleppzug in Fahrt und auf Kurs Weser. Dort soll die „Bremen“ die „Nossan“ übernehmen.

Das Wetter wird noch schlechter. Regen nimmt jegliche Sicht, Gewitter ziehen ringsumher auf. Die „Langeoog“ hat keine Funkverbindung mehr an Land. Nach etwa einer Stunde bricht die Schlepptrosse. Sowohl die „Langeoog“ als auch die „Nossan“ holen die gebrochene Trosse wieder ein und stellen eine neue Verbindung her – unter denselben Strapazen wie zuvor.

Zum zweiten Mal greift die „Langeoog“ rettend ein
Gegen 23 Uhr meldet sich der Schlepper „Wotan“ über Funk bei den Seenotrettern. Doch bevor die „Langeoog“ die „Nossan“ an die deutlich stärkere „Wotan“ übergeben kann, bricht die Trosse erneut. Dem Schlepper „Danzig“ gelingt es, die „Nossan“ auf den Haken zu nehmen und Richtung Elbmündung zu schleppen. Dort ist bei Ebbe mit besonders hohem Seegang zu rechnen. Ein erneuter Bruch der Trosse wäre eine große Gefahr für die völlig erschöpfte Besatzung der „Nossan“. Die „Langeoog“ sichert deshalb den Schleppverband. Bei Feuerschiff „Elbe II“ kommt es wie von Vormann Kuper befürchtet: Wieder bricht die Trosse. Kurz bevor die „Nossan“ auf den gefährlichen Vogelsand treibt und strandet – was wohl ihr sicheres Ende gewesen wäre – nimmt die „Langeoog“ sie abermals für eine weitere Stunde auf den Haken. Dann hat die „Danzig“ ihr Schleppgeschirr wieder klar und übernimmt.

Am Samstagmittag, 18. September, erreichen der Schleppverband und die „Langeoog“ Cuxhaven. Die Seenotretter haben zwei nahezu schlaflose Sturmnächte hinter sich. Doch in gemeinsamer Anstrengung ist es gelungen, sechs Menschenleben zu retten. Vormann Hillrich Kuper, dessen Vater noch im Ruderrettungsboot saß, sagt in den folgenden Jahren und Jahrzehnten einen Satz immer wieder über seine zuverlässige „Langeoog“: „Mit diesem Boot geh’ ich durch jede Brandung, mit dem kann man alles machen.“

Neue Funktion als Museumsboot
Heute, 70 Jahre nach diesem Seenotfall, ist Kommunikation der Schlüssel im modernen Seenotrettungsdienst. Die sich in immer kürzeren Intervallen modernisierende Technik ermöglicht unter anderem Sprechfunk auf unterschiedlichsten Frequenzen, Satellitenfunk, automatische Identifizierungssysteme und Seenotfunkbaken. An die Zeit davor erinnert das Motorrettungsboot „Langeoog“ als Museumsschiff: Seit Juli 1980 ist es vor dem Haus der Insel aufgestellt und kostenlos begehbar (nur Deck). Aktuelle Öffnungszeiten siehe Aushang.

Das DGzRS-Motorrettungsboot „Langeoog“ wurde 1944 in Hamburg gebaut und im März 1945 auf der Insel in Dienst gestellt. Besonderes Merkmal des 14 Meter langen Bootes ist der Turmaufbau mit zweitem Steuerstand, der eine bessere Übersicht bei Rettungsmanövern bot. Ein 150-PS-Diesel brachte es auf eine Geschwindigkeit von 16 Stundenkilometern. In ihren 35 Dienstjahren rettete die „Langeoog“ mehrere hundert Menschen aus Seenot. Ihre spezielle Rumpfform erlaubte zudem einen Einsatz als Eisbrecher. So versorgte sie in harten Wintern sowohl Langeoog als auch die Nachbarinseln.

-ut/köp-

„Mein lieber Scholli“

Sketche: Tegtmeier-Abend am 15. Oktober im HDI

Die Bühnenfigur Adolf Tegtmeier lebt weiter. Der 1994 verstorbene Schauspieler Jürgen von Manger hatte mit der ZDF-Reihe „Tegtmeiers Reisen“ von 1972 bis 1980 großen Erfolg. Bereits 1966 veröffentlichte er unter dem Titel „Bleibense Mensch“ einige seiner erfolgreichsten Tegtmeier-Geschichten in Buchform. Nun bringt sie Carsten Bülow gemeinsam mit Jürgen von Mangers Nichte Monika von Manger und Peer Classen auf die Bühne: „Mein lieber Scholli – 100 Jahre – Ein Tegtmeier-Abend“, so der Titel in Erinnerung an den 1923 geborenen Jürgen von Manger.

Beim Tegtmeier-Abend auf Langeoog wird es in einem Interview auch um Jürgen von Mangers Theaterkarriere gehen, die ihm sehr am Herzen lag. Und natürlich wird gesungen, denn ohne „Bottroper Bier“ geht es nicht. Eigens für die Show wurden auch witzige Videoeinspielungen mit Carsten Bülow produziert. Ansonsten bleibt es klassisch: Gepflegter Humor aus dem Hause Jürgen von Manger steht im Mittelpunkt. Ob es um Westernfilme geht oder eine Rede im Familienkreis oder um brisantere Themen auf einer Vereinssitzung – Lachen ist garantiert!

Einer der bekanntesten Sketche Jürgen von Mangers darf dabei nicht fehlen: Der „Schwiegermuttermörder“. Der rund elf Minuten langen Sketch ist erstmals in der Silvesternacht 1961/ 1962 im Hörfunk gespielt worden. 1963 kam er ins Fernsehen und wurde wiederholt auf Schallplatte veröffentlicht.

Am Dienstag, 15. Oktober tritt das Trio im Haus der Insel (HDI) um 20 Uhr auf. Karten sind für 20,– Euro (Erwachsene)/10,– (Kinder von sechs bis zu 15 Jahren) unter www.langeoog.de und in der Tourist-Information im Haus der Insel (HDI) erhältlich. Restkarten zzgl. 2,– Euro an der Abendkasse.

Zwischen Ramipril und Sixpack

Tobias Wessler am 22. Oktober im HDI

„Fifty Years and Grey“ – das gilt es einfach mit Humor zu nehmen. So wie es der Wuppertaler Schauspieler und Sänger Tobias Wessler macht. In seinem neuem Soloprogramm widmet er sich der Reise durch das Leiden eines in die Jahre gekommenen Mannes im Irgendwo zwischen Ramipril (für alle Jüngeren: Medikament gegen Bluthochdruck) und Sixpack. Er fühlt sich als später Boomer und früher Best-Ager irgendwie dazwischen.

Zu jung, ein alter weißer Mann zu sein, zu alt, beim Schulstreik von Fridays for Future mitzumachen. Zwischen einer Rock-and-Roll-Party und Rollator-Depression. Im Kopf ist Twix noch ein Raider und ein Meeting noch ein Treffen am Tisch. Der Körper läuft zwar mit Tempomat, aber er funktioniert; doch leider ist der Blick nach vorne kürzer als der nach hinten. Platz genug, um ziemlich agil wie ein Derwisch die Bühne auszufüllen und im nächsten Moment erstaunlich sentimentale Töne anzuschlagen. Ein musikalisch-kabarettistischer Angriff auf die Lachmuskeln. Ein Soloabend mit Gitarre, der die Mission hat, das Publikum mit Witz und Charme zu unterhalten. Witzig, virtuos, kurzweilig.

Am Dienstag, 22. Oktober tritt Tobias Wessler um 20 Uhr im Haus der Insel (HDI) auf. Karten gibt es für 20,– Euro (Erwachsene)/10,– Euro (Kinder von sechs bis 15 Jahren) unter www.langeoog.de und in der Tourist-Info im HDI. Restkarten zzgl. 2,– Euro an der Abendkasse.

Naturschauspiel Vogelzug

16. Zugvogeltage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vom 12. bis 20. Oktober

Ein einzigartiges Schauspiel bietet sich jedes Jahr im Herbst im Wattenmeer – dann legen Millionen von Zugvögeln auf dem weiten Weg von den nordischen Brutgebieten zu den südlichen Winterquartieren im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer einen Zwischenstopp ein. Sie gehen im Watt auf Nahrungssuche, rasten in den Salzwiesen und zeigen am Himmel ihre eindrucksvollen Schwarmflüge. Zu den Zugzeiten gibt es weltweit kaum ein Gebiet mit größerem Vogelreichtum als das Wattenmeer.

Neun Tage wird das Naturschauspiel groß gefeiert: Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer organisiert vom 12. bis 20. Oktober die 16. Zugvogeltage. An die 250 Veranstaltungen werden im gesamten Nationalpark rund um die Zugvögel des Wattenmeeres angeboten. Mit dem Angebot möchte die Nationalparkverwaltung vielen Menschen das großartige Naturschauspiel des Vogelzuges nahebringen und verdeutlichen, weshalb das Wattenmeer international unverzichtbar und schützenswert ist.

Entdeckungen auf Langeoog
Auch auf Langeoog locken Veranstaltungen rund um die Zugvogeltage. Etwa die Zugvogel-Sprechstunde mit Nationalpark-Ranger Florian Lemke am Vogelwärterhaus (Ostende, am Weg zur Meierei). Florian Lemke wird vom 13. bis 18. Oktober jeden Tag von 11 bis 13 Uhr Fragen rund um den Vogelzug, Nationalpark und das Weltnaturerbe Wattenmeer beantworten – den passenden Rahmen bietet die Ausstellung im Vogelwärterhaus mit den vielen Exponaten zur (Zug-)Vogelwelt Langeoogs.

Die Wattwanderung „Zugvögel im Wattenmeer“ wird von ­Nationalpark-Wattführer Uwe Garrels am Sonntag, 13. Oktober von 14 bis 16.45 Uhr für Familien mit Kindern ab 5 Jahren angeboten (Treffpunkt Wattwanderungen – Seedeich/Deichschart). Die Naturführung „Langeooger (Zug-)Vogelwelt im Großen Schlopp“ mit dem Natur- und Landschaftsführer Thorsten Kraft findet am Montag, 14. und Mittwoch, 16. Oktober jeweils von 9.30 bis 12 Uhr statt (Treffpunkt: Wattwanderungen – Seedeich/Deichschart).

Das komplette Veranstaltungsprogramm ist unter www.zugvogeltage.de zu finden.

„Aviathlon“ – der Wettkampf im Vögel zählen
Löffler, Fitis, Zilpzalp – beim Aviathlon zählt jede Vogelart. Der Wettkampf im Vogelzählen ist Bestandteil der Zugvogeltage. Die sieben Ostfriesischen Inseln (plus die Insel Neuwerk) und die 15 Festlandsregionen an der niedersächsischen Wattenmeerküste treten vom 12. bis 19. Oktober gegeneinander an.

Dabei geht es nicht nur um Ruhm und Ehre – sondern auch darum, die Artenvielfalt im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zu erfassen. Die Insel und Festlandsregion, die am Ende die meisten Vogelarten für sich verbuchen kann, gewinnt den Aviathlon. Alle Informationen zum Ablauf stehen unter www.zugvogeltage.de/aviathlon.

Die Auflösung und Ehrung der erfolgreichsten Insel und Festlandsregion findet auf dem Zugvogelfest am Sonntag, 20. Oktober im Gästehaus in Horumersiel statt.

Kinder-Aktion „Auf Schwingen um die Welt“
Bei den Zugvogeltagen geht es auch kreativ zu: „Auf Schwingen um die Welt“ lautet die diesjährige Kinder-Aktion. Gemalt werden kann ein beliebiger Zugvogel auf den Weg in sein Brutgebiet oder Winterquartier. Teilnehmen können alle, die nicht älter als 14 Jahre sind. Das Bild sollte im Din-A3-Querformat ­gemalt werden und bis zum 16. Oktober 2024 an die Nationalparkverwaltung („Stichwort: Zugvögel“, Virchowstraße 1, 26382 Wilhelmshaven) geschickt oder in einem der Nationalpark-Häuser abgegeben werden.

Auf dem Zugvogelfest am Sonntag, 20. Oktober werden unter allen Kindern, die bei der Aktion teilgenommen haben, zehn hochwertige Ferngläser verlost. Weitere Informationen unter www.zugvogeltage.de/kinderaktion.

„Das Geheimnis der Zugvögel“

Dokumentarfilm am 15. Oktober im HDI

Wer hat sich im Spätsommer noch nicht sehnsüchtig gewünscht, mit den Vogelschwärmen gen Süden zu ziehen … Der bekannte französische Regisseur und Produzent Jaques Perrin („Mikrokosmos – Das Volk der Gräser“ über das Leben von Insekten auf einer Wiese in Frankreich) lässt diesen Traum Wirklichkeit werden.

Drei Jahre dauerten die Dreharbeiten zum Dokumentarfilm „Nomaden der Lüfte – Das Geheimnis der Zugvögel“. Für den Film aus dem Jahr 2001 haben Jaques Perrin und seine Crew 25 Länder bereist. Die meisten Aufnahmen zeigen die Tiere im Flug, wobei die Kamera mittels eines Ultraleichtflugzeugs mitgeführt wurde. So konnten die Filmemacher 44 Vogelarten aus allen Erdteilen auf ihrem Weg von einem Pol zum anderen folgen. In freier Wildbahn entstanden dabei Aufnahmen voller Anmut und Schönheit, die so noch nie zu sehen waren.

Doch nicht nur die unglaubliche Vielfalt der Natur, die atem­beraubende Flugkunst der Vögel und ihre ausgeklügelten Überlebensstrategien werden gezeigt: Zu sehen ist auch ein einzigartiger und unvergesslicher Blick auf einen Planeten, dessen fragiles Gleichgewicht vielleicht nur aus der Luft so deutlich zu erkennen ist. Untermalt von der atmosphärischen Musik von Bruno Coulais wird diese atemberaubende Dokumentation zu einem überwältigenden Fest der Sinne.

Der Film ist am Dienstag, 15. Oktober um 16 Uhr im Haus der Insel (HDI) zu sehen. Karten gibt es für 8,– Euro (Erwachsene) / 5,– (sechs bis 15 Jahre) unter www.langeoog.de und in der Tourist-Information im HDI.

Liebe Leser*innnen, verehrte Gäste! 

 

Der Herbst ist für viele die schönste Jahreszeit, weil er die Natur mit einer besonderen Farbenpracht ausstattet und vor allem hier auf Langeoog den Sanddorn zum Leuchten bringt. Die Luft wird rauer, die Tage werden kürzer und die Temperaturen bringen uns dazu, dickere Jacken aus dem Schrank zu holen.

Auf den weiten Flächen im Osten der Insel, aber auch schon direkt am Ortsende, sehen wir wieder große Vogelschwärme, die sich auf der Durchreise in den Süden ausruhen oder hier überwintern wollen. Die „16. Zugvogeltage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ vom 12. bis 20. Oktober bieten auch auf Langeoog ein vielfältiges und interessantes Programm, bitte vergessen Sie auf keinen Fall Ihr Fernglas! Informationen zum Programm finden Sie auf unserer Website www.langeoog.de unter „Veranstaltungen suchen“, hier können Sie in der Kategorie auch direkt die Zugvogeltage auswählen.

Die Ausstellung „Langeoog – 800 Jahre Migration“ ist erneut vom 7. bis zum 26. Oktober im Haus der Insel zu sehen. Im Rahmen des Integrationsprojekts „Moin miteinander – Langeoog“, gefördert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, können sich die Besucher auf einen Streifzug durch die bewegte Migrationsgeschichte der Insel begeben. Der Eintritt ist frei. In den nächsten Wochen werden uns die Langeooger Musikformationen (Shanty-Chor „de Flinthörners“, Langeoog-Chor „de Likedeeler“, Gospelchor, Washhouse-Company, Katja Agena) noch einmal mit mehreren Konzerten begeistern.

Am 1. November stürzen sich wieder viele mutige und oft bunt verkleidete Menschen zum Allerheiligen-Schwimmen in die Nordsee. Für das leibliche Wohl und natürlich zum Aufwärmen ist im Anschluss mit Lumumba, Glühwein, Kakao und Bratwurst gesorgt! Start ist aufgrund des Wasserstandes bereits um 10.30 Uhr wie gewohnt an der Lale-Andersen-Statue unterhalb des Wasserturms.

Der Tourismus-Service Langeoog wünscht Ihnen einen entspannten und erlebnisreichen Aufenthalt auf der Insel und gute Unterhaltung beim Lesen des neuen „Utkieker“!

Heike Horn (Bürgermeisterin) und Thomas Pree (Tourismus-Service)

Vom Eselreiten und Lales Lampe

Exponate, Lesung, Rallye: Neuigkeiten aus dem Heimatverein Langeoog

Foto: Heimatverein„Wie heißt das Fährschiff, von der die ‚Kaiserin-Bank‘ stammt? Welche Farbe hat das Wappen des Standesamtes? Wie wurde die Hebamme Margret Lüken genannt?“ Und: „Bevor das Rathaus erbaut wurde, diente das Gelände zwei anderen Zwecken. Was befand sich dort?“ Fragen über Fragen, insgesamt 24, die Schülerinnen und Schüler bei der Rallye im Seemannshus des Heimatvereins Langeoog e.V. beantworten können.

Seit vorigem Jahr bietet der Verein die Rallye an. Ausgangssituation war: „Wie bekommt man Schülerinnen und Schüler ins Seemannshus?“, so der erste Vorsitzende Erhard Nötzel. Wie alle Mitarbeitenden ist er ehrenamtlich für den Verein tätig. Er wandte sich an die Inselschule und erarbeitete mit dem damaligen Geschichtslehrer Eike Bents einen „Prototyp“, wie er sagt. „Wir machten einen Testlauf, passten an und haben ihn dann wiederholt“, erzählt der erste Vorsitzende. Drei Schulklassen – zwei von der Inselschule, eine von der Herbert-Jander-Schule aus Esens – haben bereits die Rallye absolviert, zu der vorab eine Führung gehört. „Einige Fragen kann man nur beantworten, wenn man die 30-minütige Führung aufmerksam verfolgt; dann geht es ganz schnell. Ansonsten wird es eine Entdeckungsreise“, so Erhard Nötzel. Anmeldungen sind das ganze Jahr über möglich. Die Rallye findet außerhalb der Öffnungszeiten des Heimatmuseums am Casper-Döring-Pad statt.

Neues mit Geschichte
Die Exponate im Seemannshus sind in der Regel Spenden von Einheimischen und Urlaubsgästen. Kürzlich überreichte eine Urlauberin, die seit Jahrzehnten auf die Insel kommt, Erhard Nötzel einen Klick-Fern­­- seher: 16 Fotos von Langeoog aus den 1970er-Jahren sind in dem Mini-Plastik-Apparat zu betrachten. Erhard Nötzel probiert den Klick-Fernseher aus, den der Verein kürzlich geschenkt bekam

Von Norda Westerkamp be­kam das Museum eine alte Wanduhr aus dem Jahr 1890, die die Langeoogerin von ih­rem Vater Dieter Westerkamp geerbt hatte und die nun im Seemannshus hängt.

Seit Neuestem gehört auch ei­ne weitere Erinnerung an die Sängerin Lale Andersen zum Museum: eine Stehlampe, die Andrea-Katharina Schraepler aus dem Nachlass ihrer Eltern dem Verein schenkte. In den 1970er-Jahren hatte ihre Familie die ­Ferien auf Langeoog verbracht. Ihr Vermieter war Björn Wilke, ältester Sohn der Sängerin, der in deren einstigem Wohnhaus, dem „Son-nenhof“, eine Pension be­­­­trieben und die Lampe an Andrea-Katharina Schraeplers Familie verkauft hatte.

Lales Lampe: Einst stand sie im „Sonnenhof“ auf Langeoog, dem Domizil der Sängerin Lale Andersen; nun ist sie im Seemannshus zu sehen. Foto: Heimatverein Langeoog e.V. Zu sehen ist auch ein neuer Film: Solveig Flörke, deren Familie das „Hotel Flörke“ betreibt, hat durch Feriengäste einen Film von 1935 gefunden, der nun gekürzt auf der Medienstation – und in Ausschnitten auf der Webseite des Vereins – zu sehen ist. „Frohe Ferientage auf der Nordseeinsel Langeoog“ heißt er. Eine klassische Strandszene ist zu sehen – „aber sie haben auch andere Sachen gemacht“, merkt Erhard Nötzel an: Da werden Fässer und ein Riesenball gerollt, für Kinder gibt es Eselreiten am Strand. Der Bademeister sieht in seiner Uniform fast aus wie ein Kapitän und hat statt Trillerpfeife eine Tröte in der Hand, eine Strandverkäuferin trägt ein Joch mit jeweils einem Korb rechts und links auf den Schultern und mit Kapitän Leiß geht es zum Seesternfang hinaus aufs Meer. „Heute fahren sie zu den Seehundbänken, das hat sie damals gar nicht interessiert. Auch nicht der Dünenschutz“, bemerkt Erhard Nötzel, als in einer Szene Urlauber durch die Dünen spazieren.

Buchpremiere – Lesung im Garten
Auf großes Interesse stieß Ende Juli die Lesung von Jörg Echternkamp . Der Historiker stellte die ersten zwei Bände „Langeoog – Biographie einer deutschen Insel“ vor. Die Buchpremiere fand im Garten des Seemannshus statt und war so gut besucht, dass für einige Zuhörende nur noch Stehplätze zur Verfügung standen.

Auf den ersten Blick scheint es ungewöhnlich, dass ein Historiker aus Potsdam über Langeoog schreibt. Doch der Autor komme seit seiner Kindheit auf die Insel, habe eine persönliche Verbindung zu Langeoog, erklärt Erhard Nötzel. So geschah es auch im Urlaub auf der Insel und nicht an der Uni, dass Jörg Echternkamp feststellte, dass es über die Geschichte der Insel alles Mögliche gebe, aber keine auf Quellen beruhende, wissenschaftlich aufgearbeitete Literatur. „Wenn dich das so nervt, dann mach es doch selbst“, erinnert er auf der Lesung an die Aussage seiner Ehefrau. Und so kam es.

Während seine Frau zum Strand ging suchte er das Rathaus auf, um sich kundig zu machen. Das dortige Archiv war seine erste Anlaufstelle. Es folgten Gespräche mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, das Sichten von Gerichtsakten, Kirchenbüchern, Briefen, Tagebüchern; die Langeooger Kirchengemeinde half und der Heimatverein, das Niedersächsische Landesarchiv in Aurich, das Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg, das Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde. Fakten sichern, Thesen be- oder widerlegen, die Alltagsstimmung der damaligen Zeit einfangen – all das gehörte zu seinem Vorgehen. Erhard Nötzel sieht die herausgearbeitete Inselgeschichte stellvertretend für alle ostfriesischen Inseln, konkretisiert auf Langeoog.

Während der Lesung erzählte Jörg Echternkamp vom Bauboom auf der Insel Ende des 19. Jahrhunderts, vom Dünensingen, das als Inszenierung der „Volksgemeinschaft“ in den 1930er-Jahren entstand, von Straßennamen, die im gleichen Zeitraum umbenannt wurden, vom Bäder-Antisemitismus und von der Familie de Heer, die 1938/39 von der Insel fliehen musste, da Margarete de Heer jüdische Wurzeln hatte.

Für die Familie sind diesen Sommer Stolpersteine unterhalb des Wasserturms verlegt worden; dort stand einst ihr Café Dünenschlößchen. Ihre Geschichte hat Autor Christoph Lowes aufgeschrieben; die Broschüre ist unter dem Titel „Das verlorene Café. Eine vergessene Geschichte von Langeoog“ vom Heimatverein Langeoog mit einer Einführung von Jörg Echternkamp herausgebracht worden. Sie kann für 3,– Euro im Seemannshus und in der Buchhandlung Krebs erworben werden. Die beiden Bände „Langeoog – Biographie einer deutschen Insel“ sind als Doppelband für 29,95 Euro ebenfalls in der Langeooger Buchhandlung Krebs erhältlich. Die Bände 3 und 4 sind in Vorbereitung.

-jeg