Auf dem Wasser aus Leidenschaft

Die EM war für die Seglerinnen Finja und Geske Bents der Höhepunkt des Jahres. Nun geht es ums Lernen.

Einiges ist seit Ende der Sommerferien für die Zwillinge Geske und Finja Bents anders. Nicht nur, dass sie in ihrem letzten Schuljahr sind und sich auf ihr Abitur am NIGE, dem Niedersächsischen Internatsgymnasium Esens, im kommenden Jahr vorbereiten. Auch ein Abschied gehört dazu.

Zum letzten Mal sind die passionierten Seglerinnen die Mixed 420er Klasse, die Jugendklasse gefahren – allerdings auch bei einer besonderen Regatta: Geske und Finja Bents nahmen an der 420er-Europameisterschaft Jugend U 19 in Slowenien teil.

Die Langeoogerinnen trainieren im Sailing Team West, einer Kooperation aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen, in Essen. In einem Boot sitzen sie jedoch nicht, beide sind Vorschoterinnen, sind jeweils vorne im Trapez, während ihre Partner – Geske fährt mit Paul Sigge aus Essen und Finja mit Julian Müller-Kauter aus Stade – als Steuermänner an der Pinne sind. Die 420er Boote sind 4,20 Meter lang, daher der Name, und rund 1,80m breit. In diesem Jahr sind sie Regatten in Schwerin, Warnemünde, Kiel und am Gardasee gefahren. Insgesamt waren es sieben, sonst seien es immer zwischen zwölf und 15 Regatten im Jahr gewesen, erzählt Finja, die mit ihrer Schwester seit 2018 an Wettkämpfen teilnimmt.

Europameisterschaft
in Slowenien

Zur Europameisterschaft sind sie zur Vorbereitung schon Ende Juni gefahren. Vom 3. bis 9. Juli war die Regatta. Außer, dass Englisch gesprochen werde, seien die Regeln bei internationalen Regatten die Gleichen und doch sei es etwas brutaler, sagt Finja. Da werde das Boot geschnitten, sich gleich angeschrien, wenn das Boot berührt werde, es werde blockiert, die Vorfahrt genommen, schneller protestiert und sich am Boot der anderen vorgezogen. „Man muss sich durchsetzen können“, sagt Geske.

Die Bedingungen waren keine einfachen. Es war heiß, 35 Grad. Sie hatten mit starken Winden und Strömungen zu kämpfen. Zwei bis drei Rennen sind sie jeden Tag gefahren, waren vier bis fünf Stunden auf dem Wasser. „Es ist ganz schön anstrengend, aber irgendwann hat man sich daran gewöhnt. Und es ist einfach ein tolles Gefühl, mit dem Boot über das Wasser zu segeln und all die Boote um einen herum zu haben“, sagt Finja und Geske ergänzt: „Manchmal fragt man sich schon, warum tu ich mir das jetzt wieder an. Aber: Es ist toll, einen Tag auf dem Wasser zu sein. In dem Moment ist man voll in seinem Film drin.“ Welchen Platz sie bei der EM-Regatta belegten, wissen sie nicht mehr, nur, dass es unter den deutschen Teilnehmenden vergleichsweise gut gewesen sei, aber im Vergleich zu den anderen Nationen nicht. „Wir waren schon traurig, weil es die letzte Regatta war“, beschreiben die 18-Jährigen ihre Enttäuschung.

Sie investieren viel in ihren Sport. Geld ist das eine. Der Seglerverein Langeoog e. V. unterstütze sie, dann natürlich ihre Eltern. Es komme schon einiges zusammen, allein 600,- Euro betrugen die Startgebühren für die Teilnahme an der EM, für die sie sich im Vorfeld qualifiziert hatten. Übernachtungskosten kommen hinzu. Der Transport der Boote zu den Wettkämpfen. Finjas Segelpartner hat ein eigenes; Geske und ihr Teampartner können ein Vereinsboot nutzen. Außerdem noch die Fahrtkosten zu Trainingslagern, zum Training nach Essen und zum IJsselmeer in die Niederlande sowie zu den Regatten. In der Saison, die von März bis in den Oktober hinein dauert, sind sie oft unterwegs. „Man fehlt da ein bisschen in der Schule“, sagt Finja, die, wie ihre Schwester, froh ist, dass die Schule ihnen die Freiheit gibt.

Seit Ende der Sommerferien ist allerdings noch eine Veränderung hinzugekommen: Die Zwillinge legen eine Segelpause ein. Bis zum Abitur im Juni werden sie ihrer Leidenschaft weniger nachgehen können. Was zuvor noch geschah: Am letzten Tag der EM-Regatta hat Finja sich den rechten Fuß gebrochen. Kurze Zeit später zog sich Geske einen Bänderriss zu. Auch am rechten Fuß. Nun steht Kraftsport auf dem Trainingsprogramm; so wie jeden Winter. Drei- bis viermal die Woche trainieren sie in einem Studio in Esens. Ab und zu macht Geske Strandsegeln auf Langeoog. Im Frühjahr werden sie dann schon einmal neue Boote ausprobieren: Auf den 420er folgt der 470er. In dieser Klasse werden nationale und internationale Meisterschaften, Weltmeisterschaften und olympische Regatten angeboten. Weiterhin wollen sie im Mixed fahren. Und nach dem Abitur? Dann wollen sie studieren. Noch ist nicht sicher, was. Aber eins steht fest, sagt Geske: „Der Studienort darf nicht zu weit vom Wasser weg sein.“

-jeg-