„Plattfuß“ auf Langeoog

Kleiner Mittelmeer-Krebs „auf großem Fuß“ breitet sich in der Nordsee aus

Plattfuß
Im April 2001 entdeckte Peter Wettstein am Langeooger Strand diese beiden Vertreter der Plattfußkrabbe. Seither ist das drei Zentimeter große Krebstier immer öfter an ostfriesischen Gestaden anzutreffen. (Foto © Utkieker-Archiv)

Nein, Bud Spencer ist nicht auferstanden, um einen weiteren legendären „Plattfuß“-Film auf der „Insel fürs Leben“ zu drehen. Dies ist auch kein (in der Sache völlig  realitätsfremder) Bericht über den Zustand Langeooger Leihfahrräder. Nein, es geht um eine Krabbe von rund 15.000 Arten aus der Ordnung der Zehnfußkrebse. Diese trägt den wissenschaftlichen Namen „Portumnus latipes“. Übersetzt bedeutet das in etwa „Hafenbreitfuß“. Das bezieht sich auf die verbreiterten letzten Glieder des hintersten Beinpaares. Dieser kleine wärmeliebende Bruder des allgegenwärtigen „Dwarsloopers“ (Strandkrabbe) ist im Rahmen der Klimaerwärmung seit einiger Zeit auch bei uns zu finden.

Plattfuß
Wie aufgeklebte Mandelblättchen sehen die verbreiterten Hinterfüße aus, denen die Plattfußkrabbe ihren Namen verdankt. Die Aufnahme entstand 2003 im Nationalpark-Haus in Dornumersiel. Am dortigen Strand wurden damals ebenfalls Exemplare gesichtet. (Foto © Archiv Söker-Druck / T. Köpsel)

Die erste Sichtung …
im deutschen Wattenmeer erfolgte Anfang April 2001 auf Langeoog durch den damaligen Kurdirektor Peter Wettstein und wurde durchaus auch für einen Aprilscherz gehalten. Insbesondere, da von Anfang an die humorvolle Bezeichnung „Plattfußkrabbe“ für dieses Tier gewählt worden war. Zu dieser Zeit gab es noch keinen offiziellen deutschen Namen. Jetzt, wo sich diese Benennung durchgesetzt hat, führen Internetrecherchen unweigerlich auf den „Beach Explorer“ (beachexplorer.org). Dessen Betreiber ist die Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e.V. mit Sitz in Husum. Auf der Website können Strandfunde der gesamten Nordseeküste von Schottland, England, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark abgelegt werden.
Die dort dokumentierte Erstsichtung von „Portumnus latipes“ im Wattenmeer erfolgte am 13. August 2008 bei Hörnum auf Sylt. Und das ergänzt ganz gut ihre Ausbreitungsgeschichte: Ursprünglich im Mittelmeer und um die iberische Halbinsel verbreitet, schaffte die Plattfußkrabbe über Frankreich und Belgien erst den Sprung in die Niederlande und das westfriesische Wattenmeer. Dann auch über das ostfriesische Wattenmeer den Weg nach Nordfriesland.
Zur Lebensweise der Plattfußkrabbe ist wenig bekannt. Bevorzugt hält sie sich im Brandungsbereich von Sandstränden auf und geht nächtlich auch schwimmend auf Jagd. Weiterhin mag sie keine Kälte und unterliegt empfindlich dem Einfluss selbst kurzfristiger Klimaänderungen. So war sie nach den relativ kalten Wintern 2009, 2010 und 2011 vorerst aus dem Wattenmeer verschwunden.

Plattfuß
Ein Fund neueren Datums ist dieser Ende Mai 2024 aufgelesene, gut erhaltene Häutungspanzer. (Foto: Edelgard Schön)

2024: Häutungspanzer am Strand
Stand Mitte Mai 2025 sind im „Beach Explorer“ 149 Sichtungen dokumentiert. Sie beinhalten mittlerweile Einträge bis hinauf nach Schottland und Skagen, zeigen also indirekt eine deutliche Erwärmung der Nordsee in den vergangenen 14 Jahren. Von den vier Sichtungen auf Langeoog erfolgte eine am 26. Mai 2024 durch Edelgard Schön auf einer Flinthörn-Führung mit Nationalparkführer Dr. Thorsten Kraft. Allerdings kein lebendes Exemplar, sondern ein Häutungspanzer.
Wie alle Gliederfüßer, zu denen etwa auch Insekten und Spinnentiere gehören, müssen sich auch Krebstiere häuten, um wachsen zu können. Sie hinterlassen dann ihren Häutungspanzer, der die ganze Körperform abbildet. Hier kann man deutlich die verbreiterten Endglieder des hinteren Beinpaars erkennen. Dieses Merkmal teilt die „Plattfußkrabbe“ allerdings mit einer Verwandten: der Schwimmkrabbe. Dieser in der Krabbenfischerei unbeliebte Kneifer wird aber meist deutlich größer, dunkler und hat einen Körper, der breiter als lang ist. So sollte die Unterscheidung bei Strandfunden kein großes Problem darstellen.
Übrigens: „Spaziergänger können Strandfunde jeglicher Art ­fotografieren und dann mit Fundort und Funddatum im ‚Beach Explorer‘ dokumentieren“, erklärt Thorsten Kraft, der dabei gern behilflich – und unter der Mobilnummer 01573-3950-898 erreichbar ist. Er bietet zwischen dem 30. Mai und 27. Juni 2025 wieder zahlreiche naturkundliche Führungen auf der Insel an, die über den Tourismus-Service Langeoog gebucht werden können. -ut/kraft-