„Pimp my Bürgermobil“

Das aufgemotzte Elektromobil auf Tour

Bürgermobil
Katja Prester fährt mit vollem Einsatz über die Insel.

Auf der Insel macht ein ungewöhnliches Gefährt die Straßen unsicher: Seit Dezember 2023 tuckert das Bürgermobil über Langeoog. Doch auf der autofreien Insel ist streng genommen jedes Fahrzeug ungewöhnlich und genau da liegt der springende Punkt: Was tun, wenn einen mal das Alter oder die Gesundheit daran hindern, von A wie Anleger nach B wie Barkhausenstraße zu kommen?
Hier haben die Ehrenamtlichen um Katja Prester, neben Frank Düll Sprecherin des Teams, die Antwort: Mit ihrem Bürgermobil bieten sie einen Fahrdienst für mobilitätseingeschränkte Insulaner und ihre Angehörigen an. Wer einen Termin beim Arzt hat oder auf das Festland will, der meldet sich einfach an und wird mit dem Elektromobil gefahren.
„Da hat das Auto auch schon so einiges mit uns durchgemacht“, erzählt Katja Prester. Es gäbe da beispielsweise die frühmorgendlichen Fahrten zur ersten Fähre des Tages, wenn die einzigen Geräusche im noch schlummernden Hafen die Schreie der frühwachen Möwen sind. Oder die Akkordfahrten zu den Weihnachtsfeiern der Kirchen, die so viele Besucher anlocken, dass eine Tour allein nicht ausreicht.
„Aber auch wir haben schon ganz schön viel mit dem Mobil erlebt“, lacht die 57-jährige Langeoogerin. Damit sind dann wohl die „Kinderkrankheiten“ – wie Katja Prester sie nennt – gemeint. Aber ob schlecht hochklappbare Sitze, zu leise Blinker oder muckende Rückfahrscheinwerfer: Die letzten Wehwehchen sind kuriert, zuletzt war das Mobil im April 2025 zur Wartung auf dem Festland.

Bürgermobil
Auch das gehört zu einem gut „gepimpten“ Wagen: Die neue Beschriftung wurde von Edzard Dirks gesponsort.

Eine starke Crew
Seit eineinhalb Jahren ist das neunköpfige, ehrenamtliche Team unterwegs und befördert Langeooger, denen der Weg zu Fuß oder mit dem Rad schwerfallen würde, zu ihren verschiedenen Zielen. Die bürokratische Seite unterstützt Insellotsin Cornelia „Conny“ Bittner. Zunächst wurde das ungewöhnliche Fahrzeug gemietet, im April 2025 schließlich mit bewilligten Mitteln des Förderprogramms „LEADER“ und einem Eigenanteil der Inselgemeinde gekauft.
Der Fahrdienst mit dem knuffigen Mobil erweist sich als äußerst beliebt: Rund 100 Mal im Monat „cruised“ das Fahrzeug über die Insel. Ein paar der Ehrenamtlichen, die für ihren Fahrdienst den Führerschein zur Fahrgastbeförderung machten, fahren im Sommer häufiger, weil sie im Winter nicht auf der Insel sind, dafür werden andere Fahrer in den warmen Monaten entlastet. „So hält sich alles die Waage“, findet Katja Prester. „Wir sind ein gut eingespieltes Team.“

Erlebnisfahrt im Bürgermobil
Die meisten Fahrten gehen zum Hafen, dicht gefolgt von Touren zur Physiotherapie oder Arztpraxis. Aber auch der soziale Aspekt kommt bei der Nutzung des Fahrdienstes nicht zu kurz: Egal, ob zu Geburtstagsfeiern, Hochzeitsfesten oder einfach nur zum Einkaufen – das Bürgermobil-Team ist immer zur Stelle.
Die soziale Teilhabe der Bewegungseingeschränkten fördern – das sei ihr Antrieb, dabei zu bleiben, erzählt Katja Prester. Es gehe darum, die Gemeinschaft der Insulaner zu stärken und bewegungseingeschränkte Menschen dazu zu befähigen, weiterhin mitten drin zu sein.
Und das fängt nicht erst am Ziel, sondern schon während der Fahrt an: Nicht zuletzt die tollen Gespräche, die auf der Tour über die Insel zustande kommen, formen eine neue Kette zwischen Menschen, die sonst vielleicht seltener miteinander zu tun hätten. „Uns erreicht eine große Dankbarkeit“, erzählt Katja Prester begeistert. „Das motiviert ungemein.“
Diese Dankbarkeit will das Team zurückgeben und „pimpt“ das Mobil – frei nach dem TV-Format „Pimp my Ride“ – fortwährend für seine Fahrgäste auf: Die Innenbeleuchtung wurde verbessert, es gibt nun einen Haltegriff für das leichtere Einsteigen und dicke Decken warten auf ihren Einsatz im kalten Winter. Und mit so einem aufgemotzten Gefährt wird doch gleich jede Fahrt zur Fähre ein aufregender Ausflug über die Insel. -rsc-