Heimatverein plant Verlegung von Stolpersteinen
Unterhalb des Langeooger Wasserturms, dort, wo heute der Park an der Kaapdüne ist, stand das Café Dünenschlößchen. Neun Jahre wurde es von der Familie de Heer betrieben. Von 1929 bis 1938.
Margarethe de Heer-Raphael war Jüdin. Aufgrund ihrer Abstammung wurde die Familie im Nationalsozialismus „drangsaliert, schikaniert und schließlich von der Insel vertrieben“ – die Informationen hat der Heimatverein Langeoog zusammengetragen. Eine alte Postkarte erinnert im Informationskasten vor dem Heimathaus an das einstige Café.
Um an die Familie de Heer zu erinnern, plant der Verein die Verlegung von Stolpersteinen und einer Informationstafel am einstigen Standort des Dünenschlösschens; bei der Gemeinderatsitzung Ende März wurde dem zugestimmt. Ein Termin ist für Anfang Juni 2024 geplant.
Erstverlegung auf Langeoog
Auf der Insel werden dann zum ersten Mal Stolpersteine verlegt. Der Künstler Gunter Demnig nimmt die Erstverlegung immer selbst vor. 1996 begann er mit der Umsetzung des Projekts, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. Im Mai dieses Jahres verlegte er den 100.000sten Stolperstein.
Bis es zur Verlegung auf Langeoog kommt, plant der Heimatverein, der auch die Kosten übernehmen wird, ein Patenschaftsnetzwerk aufzubauen. So solle es etwa zu einer Zusammenarbeit zwischen Heimatverein und Inselschule kommen, erzählt Erhard Nötzel, Vorsitzender des Heimatvereins. „Es ist wichtig, die Erinnerungen wach zu halten. Deshalb wollen wir auch die Schule mit ins Boot holen“, sagt er. „Das Projekt soll nicht mit der Steinverlegung beendet sein. Wir wollen ein Sonderheft machen, um die Familie de Heer in den Vordergrund zu stellen. Es ist wichtig, sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen.“
„Eine Geschichte von Langeoog“
Die Familie de Heer betrieb neben dem Café Dünenschlößchen auch das Haus Dünenlust. Norda Westerkamps Eltern kauften 1964 die leerstehende Pension. Alte Rechnungsblocks, Fotografien und Geschirr habe es von der Familie de Heer noch im Haus gegeben, erinnert sich die Langeoogerin. Und ihre Eltern haben ihr die Geschichte der Familie erzählt.
Im Jahr 2006 übernahmen sie und ihr Mann Frank Niemeier das Haus und brachten zu ihrem zehnjährigen Jubiläum die Broschüre Eine Geschichte von Langeoog. Haus Dünenlust heraus. Autor der Chronik ist Christoph Lowes.
In der Chronik heißt es: Die Familie de Heer kaufte das Haus Dünenlust 1933. Aufgrund der politischen Situation mussten sie ihr Café 1936 verpachten, 1938 ihre Pension. In selben Jahr verließen Margarethe und ihr Mann Pieter mit ihrem Sohn Adolf die Insel. Sie flohen in die Niederlande, dem Heimatland von Pieter de Heer.
„Neben den örtlichen nationalsozialistischen Umtrieben wimmelte es auf der Insel von Angehörigen der Luftwaffe und von Funktionsträgern aus Verwaltung und Politik.“ Etwa 1937 wurde begonnen, Langeoog zu einem großen Militärstützpunkt auszubauen. 1940 wurde das Café niedergerissen, die Pension zwangsversteigert.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich die Familie de Heer in mehreren langwierigen Verfahren für die Rückgabe ihres enteigneten Hauses ein. Ab 1952 konnte sie ihre Pension wieder eröffnen. Zwei Jahre später verstarb Pieter de Heer. Seine Ehefrau führte die Pension mit Sohn Adolf weiter. 1962 verschwanden sie von der Insel.
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„Margarethe de Heer soll eine engagierte, leidenschaftliche Pensionswirtin gewesen sein“, das hätten ihr ehemalige Mitarbeiter erzählt, erinnert sich Norda Westerkamp. Durch einen Zufall lernte Autor Christoph Lowes die Ehefrau von Adolf de Heer kennen: Annie. „Sie ist vor zwei Jahren verstorben“, so Norda Westerkamp. In Winschoten habe Annie mit ihrem Mann einen Eissalon betrieben. Über ihr Leben gebe es eine Biografie auf Niederländisch, die sie ins Deutsche übersetzen wollen, sagt Norda Westerkamp. Außerdem solle es auch beim Haus Dünenlust eine Informationstafel zur Geschichte der Familie de Heer und dem Haus geben.
-jeg-