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Als Frau in der katholischen Kirche

Susanne Wübker leitet seit 2016 die katholische Kirchengemeinde St. Nikolaus

Jeden Morgen um 8 Uhr schließt Susanne Wübker die Kirchentür auf, die nur wenige Schritte vom Pfarrhaus entfernt ist. Sie ist Pastoralreferentin, Seelsorgerin und Leiterin der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus auf Langeoog. Die Kirche wurde nach dem Entwurf der Architektin Lucy Hillebrand Anfang der 1960er-Jahre gebaut. 2016 kam Susanne Wübker auf die Insel. Nachdem der letzte Pastor 1992 ging, kümmerte sich der Kirchenvorstand um alle Belange der Gemeinde. Kurpastoren gab es davor schon vereinzelt, aber erst seit 1992 kommen sie regelmäßig in die St.-Nikolaus-Kirche.

Puzzlespiel für nahtlose Übergänge
Kurpastoren seien etwas Inseltypisches, sagt Susanne Wübker. Sie selbst finde es sehr charmant. Als sie damals anfing, habe sie alle Priester, die sie kenne, angeschrieben. Sie sei zwar recht experimentierfreudig, aber Experimente brauche sie in diesem Bereich ihrer Arbeit nicht. „Ich habe gute Erfahrungen gemacht“, sagt sie über die Zusammenarbeit, die zwischen zwei und vier Wochen dauern kann. Wer als Kurpastor nach Langeoog kommt, sagt verbindlich zu, für die Sakramente zur Verfügung zu stehen. Das sei für die Pastoren durchaus reizvoll. Nicht nur die Lage der Kirche – in den Dünen und unweit vom Meer – sei ein Anreiz.

„Ich glaube, Kurpastoren schätzen es, eine relativ gut besuchte Kirche vorzufinden, und dass jeden Abend Gottesdienste gefeiert werden“, meint die Pastoralreferentin. Ansonsten bleibe es jedem Kurpastor selbst überlassen, wie er seinen Aufenthalt gestalte: „Einer führt auch am Strand Gespräche, ein anderer geht eher in Selbstexerzitien und wieder ein anderer feiert ­lediglich die Gottesdienste.“

Für sie selbst sei die Organisation der Kurpastorenzeiten ein Puzzlespiel, um nahtlose Übergänge hinzubekommen. Das ist aber nur ein kleiner Teil ihres Aufgabengebiets. „Es gibt keinen Tag in der Woche, an dem ich mich morgens an den Schreibtisch setzte und dann dort den ganzen Tag bleibe“, berichtet Susanne Wübker.

Es kann sein, dass eine Frau aus der Mutter-Kind-Kur ein Gespräch sucht – oder auch jemand von der Insel. Wenn etwas besonders erfreulich sei, besonders schmerzlich oder wenn es darum gehe, etwas mit auszuhalten – dafür sei sie da, erzählt die Seelsorgerin. Denn „was ich wirklich tun möchte, ist Seelsorge.“ Mit der Seelsorge verbinde sie, Trauernde, Firmlinge, Kommunionkinder und die Sternsinger zu betreuen. Die Liturgie zu feiern. Hausbesuche zu machen. Exerzitien-Tage zu begleiten.

„Es geht um mehr Leben, nicht um Leistung“
An solchen Tagen gebe sie Impulse: „Hier auf Langeoog ergibt sich vieles durch das Meer. Es geht um mehr Leben, nicht um Leistung oder darum, etwas vorweisen zu müssen. In die Stille finden, sich selbst annehmen können. Um Lebensthemen in Einzel- oder Gruppengesprächen“, beschreibt sie ihre Aufgabe. Und es gehe darum zu helfen, dass jemand auf die eigene Spur komme oder auf ihr bleibe. Ums Zuhören und darum, an den entscheidenden Punkten Fragen zu stellen. „Es ist total schön.“

Die katholische Kirche St. Nikolaus wurde Anfang der 1960er-Jahre von der ­Architektin Lucy Hillebrand entworfen.Susanne Wübkers Tag endet nicht mit dem Abschließen der Kirche gegen 20 Uhr. Oft finden Vorträge und Veranstaltungen erst am Abend statt, zum Beispiel Kirchenvorstandssitzungen, die Ökumenische Vortragsreihe und die „8 nach 8 – Musikandacht“.

„Ich liebe die katholische Kirche“, sagt sie. Aber auch: „Eine biblische Begründung, warum Frauen keine Priesterinnen sein können, gibt es nicht.“ In der Zusammenarbeit mit Priestern habe sie gleichwohl gute Erfahrungen gemacht. Die Eucharistie-Feier sei ihr wichtig. „Wenn das Angebot da ist, wird es auch nachgefragt“, ist ihre Erfahrung. Sie selbst könne Vesper-Gottesdienste halten.

Für die Sakramentenspendung in der Kirche braucht es Priester. Wobei die Zeiten sich ändern: Ein Taufkurs des Bistums ­Osnabrück steht an. Nicht nur Kleriker, sondern auch Taufbeauftragte dürfen dann Taufen vornehmen. Auf Langeoog gebe es nicht so viele Taufen, sagt die Pastoralreferentin. Sie ist dafür, dass die Zulassung zum Priesteramt auch für Frauen ­geöffnet wird. Womöglich sei die Taufbeauftragung ein erster Schritt in diese Richtung.

-jeg-

„Wie wäre es mit einer Insel in der Nordsee?“

Olga Persits ist die neue Kantorin der Inselkirche

Ende Januar 2023 war der Umzug nach Langeoog. Zwei volle Anhänger mit Möbeln und Hausrat kamen auf die Insel. Dann Am 1. Februar schon der erste Arbeitstag als Kantorin der ­Inselkirche. Sehr sportlich sei es gewesen, sagt Olga Persits. Ihr zweijähriger Sohn Leonidas kam in die Kindertagesstätte „Wichtelnüst“. Nach zwei Wochen Eingewöhnung sogleich zwei Wochen Ferien. Christian, ihr Ehemann, wohnt aus beruflichen Gründen noch in Winsen an der Aller.

Bisher war die Gemeinde bei Celle auch Olga Persits’ Wohnort, von dem sie zur Arbeit ins 90 Kilometer entfernte Hittfeld pendelte. Die Familie suchte nach einem Ort, an dem sie alles ­zusammenbringen konnte. Als die Musikerin sah, dass die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde auf Langeoog eine Kirchenmusikerin suchte, fragte sie ihren Mann: „Wie wäre es mit einer Insel in der Nordsee?“

Olga Persits ist Kantorin der Inselkirche LangeoogSie bewarb sich, kam einen Tag vor dem Bewerbungstermin auf die Insel, die sie zuvor noch nicht kannte. Am nächsten Tag spielte sie auf der Orgel vor, sang mit der Gemeinde, probte mit dem Gospelchor und führte Vorstellungsgespräche. Am Abend ging es wieder zurück aufs Festland. Ein Bewerbungstag von morgens bis abends gehöre zum Beruf, sagt Olga Persits. „Es war nicht das erste Mal für mich. Der Tag ist immer vollgepackt und anstrengend. Aber auf Langeoog war es sehr angenehm“, erinnert sie sich. Das war Mitte September. Ende des Monats verbrachte sie mit ihrer Familie ein Wochenende auf Langeoog. Als Kirchenmusikerin arbeitete sie damals noch in Hittfeld – der Grund, warum sie nicht früher anfangen konnte. „Zur Weihnachtszeit kann man nicht aufhören“, sagt sie.

Olga Persits ist gebürtig aus Moskau. Mit fünf Jahren lernte sie Klavierspielen. Mit zwölf Orgelspielen. Beide Instrumente studierte sie in Moskau am Tschaikowski-Konservatorium. Mit 22 Jahren kam sie nach Deutschland und studierte Kirchenmusik und Konzertorgel an der Musikhochschule in Lübeck und an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Für ein Austauschsemester ging sie nach Groningen.

Als Kirchenmusikerin arbeitete sie zuvor bereits für die ev.-luth. Kirchengemeinde Eutin und die ev.-luth. Luthergemeinde Kiel. Ihr gefalle, dass die Tätigkeit des Kirchenmusikers so vielfältig sei. Gottesdienste gestalten, die Arbeit mit dem Chor, die Organisation von Konzerten – all das mache ihr Freude: „Mein Ziel ist, dass die Kirchenmusik auf hohem Niveau läuft. Ich möchte neue Impulse geben, frische Luft reinbringen und jedes Mal etwas anderes spielen. Bei den Gottesdiensten, Auftritten des Gospelchors und bei den Konzerten sollen sich Einheimische und Gäste wohlfühlen und von der Musik mitgenommen werden“, so Olga Persits.

In ihrer Freizeit spielt Musik keine Rolle. „Um Gottes Willen“, sagt sie lachend. „Das ist die Zeit mit der Familie. Wenn man mal frei hat, wird eine Radtour gemacht, ein Spaziergang und bei gutem Wetter an den Strand gegangen.“ Am Inselleben gefällt ihr die Natur, die frische Luft. Nur an den Wind, an den müsse sie sich noch gewöhnen.
-jeg-