Lang erwartet und grandios:
„de Flinthörners“-Premiere am 4. April 2022 im „Haus der Insel“


Mit der „Hoffnung“ um die Welt
Das Bühnenbild zeigt den Langeooger Hafen. Es ist eines der ersten, die Inselmaler Anselm für den Chor gefertigt hat. Am Kai vertäut darf man sich die Bark „Hoffnung“ der Flinthörners vorstellen, die nun zu ihrer musikalischen Weltreise ablegt. Den starken Auftakt macht das neuseeländische Walfängerlied „Soon may the Wellerman come“ mit Shantyman Ralf Preuß. Eine britische Popvariante des Shantys war mal Nummer-eins-Hit in Deutschland; doch die kernige Version der „Flinthörners“ ist unschlagbar.
Weiter geht’s nach Brasilien zum „Rio Grande“: Gerrit Agena trägt den Klassiker des früheren „Flinthörners“-Shantymans Siggi Maurischat erstmals in englischer Fassung vor. Anschließend freut sich Klaus Kremer auf seine Heimat „South Australia“, einem von den „Dubliners“ bekannt gemachten Haul-away-Shanty.



Großes Kino vor der Pause …

Eine Entdeckung wert ist die weitgehend unbekannte „Lili Marleen“-Version des Komponisten Rudolf Zink, die Katja Agena mit ausdrucksstarker Stimme vorträgt. Ebenso hörenswert sind ihre Interpretationen von „Mein Herr“ aus dem Musical „Cabaret“ und Maite Kellys „Ich bin die Frau meines Lebens“. Zudem rezitiert sie noch das Inselgedicht eines Langeoog-Fans und das „Liebesgedicht an den Norden“ der Slam-Poetin Mona Harry. Da müssen sich „de Flinthörners“ nach der Pause aber anstrengen.
Von „fünf Uhr früh“ bis „nachts um halb eins“

In seinem einfühlsamen „Five o’clock in the morning“ besingt Ralf Preuß das früh beginnende Tagewerk der schottischen Hebridenfischer. Aus Kanada stammt Peer Agenas Volkslied „Sonny’s Dream“,
das die (vergebliche) Sehnsucht eines Bauernjungen nach der See ausdrückt. Auf spanisch – und unter Riesen-Sombreros – präsentieren Torsten Meyer (lyrischer Tenor) und Ralf Preuß (Gitarre) ihre angebetete „La Bella Lola“ dem Publikum, dem sich die Frage stellt: Wo bitte kriegt man solche Wagenräder her? Stimmung bringt auch Klaus Kremers „John Kanaka“: Der Long-Haul-Shanty mit hawaiianischen Vokabeln ist ein Klassiker der „Flinthörners“.

Dann gibt Neuzugang Dirk Heutelbeck sein gelungenes Debüt als Solist: Mit cooler Rock’n’Roll-Note schildert er im Forebitter „Unmooring“ (Leinen losmachen) ein
komplettes Ablegemanöver – den obligaten Abschiedsschmerz inklusive.

Zum guten Schluss entführt Sepp Enenkel das Publikum auf die „Reeperbahn nachts um halb eins“ – Hans Albers hätte seine helle Freude gehabt. „Bis zum nächsten Mal, auf Wiedersehen“ verabschieden sich „de Flinthörners“. Als Zugabe erklingt (wer sonst?) „The Last Shanty“.
Und während sich der Vorhang nach einem grandiosen Konzert unerbittlich schließt, dankt ein restlos begeistertes Publikum mit nicht enden wollendem Applaus.
Und das Fazit?
Das hatte Heike Horn bereits in ihrem Grußwort vorweggenommen. „De Flinthörners“ seien „der beste Shantychor der sieben Ostfriesischen Inseln – nicht zuletzt wegen der begnadeten Chorleiterin ‚Puppa‘“, urteilte unparteiisch die Bürgermeisterin, die ja von Amts wegen „nicht lügen darf“. Doch es gab auch ernste Töne: Das Kriegsgeschehen in der Ukraine mache einen fassungslos, erklärten sowohl Heike Horn als auch Raimund Buss. Vereintes Handeln sei das Gebot der Stunde. Und so wurde zum Lale-Potpourri als Solidaritätsbekundung die Flagge der Ukraine erhoben. Während des Konzerts ging ein Spendenkorb im Saal herum, auch am Ausgang wurde noch gesammelt. Mit Erfolg: Insgesamt kamen durch Eintritte und dank zahlreicher Spenden des Publikums sowie einer Aufrundung durch den Chor 3.000 Euro zusammen.
Bis zum Saisonende gibt es alle zwei Wochen montags um 20.15 Uhr ein Wiedersehen und -hören mit „de Flinthörners“. Die nächsten Termine: am 9. Mai im „Haus der Insel“ und am 23. Mai, als Benefizkonzert, in der Inselkirche. Weiter geht es dann ab Montag, 13. Juni im 14-Tage-Rhythmus im HDI. Bis dahin: Shanty ahoi! -köp-