Archiv der Kategorie: Inselgeschichten

Fröhliches Novemberbaden

19. Allerheiligenschwimmen: Gemeinsames Nordseebad für den guten Zweck

Mit Trillerpfeife in historischem Badekostüm: Bernd Spies gibt das Startsignal zum Bad in der Nordsee. Im blau-weiß gestreiften Badeanzug von anno dazumal, mit Crocs-Clogs, Steppjacke und Trillerpfeife läuft Bernd Spies den Weg zum Strandübergang „Hauptbad/Bunte Buden“ entlang. Es ist das erste Mal, dass dieser Strandabschnitt ausgewählt wurde. Und das 19. Mal, dass das Allerheiligenschwimmen stattfindet.

Ins Meer für die Wohltätigkeit
Die Kultveranstaltung organisiert der Verein Langeooger Allerheiligen-Schwimmer e.V. Entstanden ist sie im Oktober 2005 aus einem Spaß im Freundeskreis. Bernd Spies ist 1. Vorsitzender des Vereins und erzählt, dass ihm ein Urlaubsgast an der Bar im „Hotel Flörke“ sagte, er schwimme noch immer in der Nordsee. Im Oktober könne das jeder, meinte damals Bernd Spies, aber am 1. November nicht. Und so kam es, dass sie damals zu viert an Allerheiligen ins Meer gingen.
Der Anfang des jährlichen Schwimm-Events war gemacht, bei dem inzwischen jedes Jahr an die 100 Menschen teilnehmen. Spaß, Geselligkeit und Gutes tun bilden dabei eine Einheit. Denn der Verein fördert mit den Startgebühren und Mitgliedsbeiträgen Projekte auf Langeoog, die etwa das Gesundheitswesen und die freiwillige Feuerwehr auf der Insel unterstützen. Mehr als 130.000 Euro konnten bisher für wohltätige Zwecke auf der Insel gespendet werden: mehrere Strandrollstühle, eine barrierefreie Umkleidekabine sowie Panzermatten, die Rollstuhlfahrenden den Weg zu den Strandkörben erleichtern, Übungsgeräte für die Ausbildung der DLRG-Ortsgruppe der Insel und ein Atemluftkompressor für die Freiwillige Feuerwehr Langeoog konnten bisher finanziert werden.

Singen, verkleiden, baden und Geselligkeit
In Badesachen oder verkleidet ging es für wenige Sekunden oder sogar einige Minuten in die Nordsee. Es ist Tradition, dass sich vor dem Bad im Meer Teilnehmende und Zuschauende vor der Lale-Andersen-Skulptur unterhalb des Wasserturms treffen. Bernd Spies und Bürgermeisterin Heike Horn begrüßten die Anwesenden an diesem regnerischen ersten Novembermittag. Gemeinsam mit Lothar Voigt an der Gitarre und Sängerin Katja Agena sangen alle Anwesenden Lale Andersens berühmtes Lied „Lili Marleen“. Auch das ist Teil der Veranstaltung – Geselligkeit und Gemeinschaft machen sie aus.
So ging es dann auch gemeinsam in Regenkleidung und mit Regenschirmen vorbei am Wasserturm und den Bunten Buden zum Strand. Für alle Fälle vor Ort: die DLRG-Ortsgruppe und Sanitäter. Spalierstehende Zuschauende bejubelten die ins Meer rennenden Badenden, sobald der Pfiff aus Bernd Spies‘ Trillerpfeife zu hören war. In Bikini, Badeanzug und Badehose, als Biene kostümiert, im neongrünen Anzug mit Hut, im Piratenoutfit oder in historischer Badekleidung – beim Allerheiligenschwimmen sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Keine elf Grad hatte die Wassertemperatur in diesem Jahr.Mit Schirm, Charme und Badekleidung: Auf dem Weg zum und ins Meer.
Nach dem Bad im Meer ging es gesellig bei den Bunten Buden weiter. Es gab Heißgetränke und Würstchen, die von der Mannheimer Metzgerei Peter und Philipp Burkhardt gespendet wurden – Philipp Burkhardt ist dieses Jahr in seinem Metier zweifacher Europameister geworden. Die Auszeichnungen erhielt er für die beste Weißwurst und die beste gegrillte Wurst. Die Verbindung zu Langeoog ist sein Vater: Er gehört zu den vier Mitbegründern des Allerheiligenschwimmens.
Ins Meer für den guten Zweck – mit den Startgebühren werden Projekte auf Langeoog gefördert. Während sich bei Speis und Trank aufgewärmt und über das Baden im Meer gesprochen wurde, Menschen glücklich und zufrieden beisammenstanden, wurde auch schon von der Zukunft gesprochen. Denn wer sich bisher noch nicht getraut hatte, überlegte nun, beim 20. Allerheiligenschwimmen mitzumachen. Und wer schon dabei war, für den ist es keine Frage, sondern Tradition.

-jeg-

Langeooger Allerheiligen-Schwimmer e. V.
Der Verein hat inzwischen 403 Mitglieder, Neuzugänge sind immer herzlich willkommen. Der Jahresbeitrag liegt bei 20,– Euro. Weitere Infos unter www.allerheiligenschwimmer.de. Spenden können auf folgendes Konto überwiesen werden: Sparkasse Wittmund | IBAN: DE35 2855 0000 0040 0000 10 | BIC: BRLADE21LER.

Ausgezeichnet: Langeooger Jugendliche wurden Wettbewerbssieger

Langeooger „Watt-Theater“ gewann Tassilo-Tröscher-­Jugendpreis 2023 und ist für Deutschen Engagementpreis 2024 nominiert

Tassilo-Tröscher-Preis für das Watt-Theater: Laudator Oliver Kamlage (re.) freute sich in Göttingen mit der Delegation aus Langeoog. Stolz und voller Freude durfte eine Abordnung des „Watt-Theaters“ am 8. November 2023 in Göttingen den ersten Platz des Tassilo-Tröscher-Preises entgegennehmen. Und nicht nur das: Als weitere Überraschung wurde das Theaterprojekt auch für den Deutschen Engagementpreis 2024 nominiert.
Die Laudatio für Langeoog hielt Oliver Kamlage. Der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, zugleich Beiratsmitglied der Stiftung, entpuppte sich dabei als guter Langeoog-Kenner. Er lobte die Gruppe und ihre Initiative, die den „Besucherinnen und Besuchern der Insel Infor­mationen über das Watt, die Natur und das Leben auf der Insel in früheren Zeiten“ vermittle. So schafften die jungen Langeooger ein Bewusstsein dafür, wie wichtig es sei, den Naturraum Wattenmeer zu schützen.
Mit der Auszeichnung würdigt die Tassilo-Tröscher-Stiftung das Engagement der jungen Theatergruppe und ihrer Unterstützerinnen und Unterstützer: Sie würden „das Stück in Eigenregie über mittlerweile zwei Jahre und weit über die ursprünglich geplante Zahl von Aufführungen hinaus immer wieder zeigen, um möglichst viele Menschen zu erreichen.“ So ist es auch auf der Urkunde zu lesen, die Oliver Kamlage neben einer Tafel der Stiftung und einem Scheck über das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro überreichte.
Gefragt, ob die Gruppe schon Ideen habe, wie sie das Geld verwenden werde, antwortete Berenike Baller für das Watt-Theater, dass auf jeden Fall geplant sei, selbst einmal mit allen zusammen ein Theaterstück zu besuchen. Außerdem solle in neue Technik und gegebenenfalls auch neue Kostüme investiert werden, denn die Planungen für ein neues Stück seien schon in vollem Gange. Auch hierbei werden die Zuschauer wieder – ausgestattet mit Kopfhörern – selbst von Szene zu Szene mit der Hauptfigur Ikke laufen und an deren Erlebnissen teilhaben.

Für Engagementpreis vorgeschlagen
Nach der Verleihung aller Preise (insgesamt acht, drei davon im Jugendbereich) gab es noch mehr Grund zum Jubeln. Anke ­Lisicki vom Deutschen Engagementpreis überreichte eine ­Nominierungsurkunde für die Preisverleihung 2024. Der Deutsche Engagementpreis sei „der Preis der Preise“, erläuterte sie dabei. Man könne sich nicht selbst bewerben, sondern müsse vorgeschlagen werden. Damit bleibt es auch für das nächste Jahr spannend. Selbst wenn die Jury sich nicht für die Initiative der Langeooger entscheiden sollte, bleibt die Chance auf den Zuschauerpreis, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Stolz präsentierte das junge Ensemble des „Watt-Theaters“ in der Inselschule seine Auszeichnungen. Fotos: Watt-Theater
Verliehen wird der Tassilo-Tröscher-Preis von der gemeinnützigen gleichnamigen Stiftung. Mit dem Preis werden in zweijährigem Turnus beispielhafte wissenschaftliche, publizistische, organisatorische, administrative oder sonstige Initiativen ausgezeichnet, mit denen die Lage der Menschen verbessert werden kann, die in ländlichen Regionen leben und arbeiten. Mehr Informationen zur Stiftung auf www.asg-goe.de.
Der Deutsche Engagementpreis zeichnet jährlich freiwillig engagierte Menschen und Organisationen aus und würdigt den Einsatz für eine lebenswerte Gesellschaft. Er wird verliehen vom Bündnis für Gemeinnützigkeit. Förderer sind das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Deutsche Fernsehlotterie, die Deutsche Bahn Stiftung und die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt.

-ut/köp-

Neues von Anselm und Carmen

Inselmaler engagiert sich weiterhin in Mosambik –
Enkelin Carmen erfolgreich im Atelier auf Langeoog –
Malkurs mit Anselm am Tegernsee

Aus Kindern werden Leute … Das hat auch Anselm erlebt. Der Inselmaler engagiert sich seit Jahren im ostafrikanischen Mosambik. Mit zielgerichteten Projekten versucht er, die Not in der Provinz Inhambane im Distrikt Jangamo zu lindern, etwa durch den Bau einfacher Strohhütten, das Anlegen von Zisternen und die Beschaffung von Saatgut zur Selbstversorgung.
2011 begann Anselms Arbeit mit „Plan International Deutschland e.V.“: Über diese Hilfsorganisation hat er fünf Patenkinder in Inhambane betreut und überdies seine persönliche „Afrika-Hilfe Samira“ ins Leben gerufen. Finanziert wurde diese auch über Anselms jährliche Adventskalender-Aktion (der „Utkieker“ berichtete wiederholt). Auch in Mosambik hat Anselm ein kleines Atelier eingerichtet. Foto: privat
Sechs Mal ist der Inselmaler nach Mosambik geflogen, hat die Kinder und deren Familien besucht und dabei ihren Werdegang verfolgen können. „Inzwischen sind meine Patenkinder erwachsen. Sie sind auf die höhere Schule gegangen, einige studieren jetzt sogar“, berichtet er stolz. „Mein großer Dank geht an alle, die durch ihre Unterstützung an diesem Erfolg mitgewirkt haben.“ Mit dem Erwachsenenalter seien nun die alten Patenschaften erloschen; und neue möchte Anselm, der im Juli seinen 80. Geburtstag feiern konnte, verständlicherweise nicht mehr eingehen.
Aber Mosambik wurde, nach seinem Geburtsort am Tegernsee und Langeoog, zu einer weiteren Heimat für Anselm: „Und so wird auch meine Unterstützung weitergehen.“ Und zwar durch private Initiativen, mit denen er Familien und Projekte vor Ort hilft. „Die Unterstützung erfolgt nicht finanziell, sondern sachbezogen, etwa in Form von Schulkleidung oder von Lehrmaterialien wie Landkarten und Sportgeräten.“
Ein Schwerpunkt liegt in der Kleinstadt Maxixe; in deren Nähe hat Anselm inzwischen auch ein eigenes Domizil. In Maxixe konnte er dank seiner vielen Unterstützer etwa den maroden Kindergarten wieder neu aufbauen lassen. Des Weiteren gibt es eine Grundschule, Mittelschule und höhere Schule: „Die Armut ist nach wie vor groß. Viele Familien haben kein Geld für die Schuluniformen ihrer Kinder.“ Und: „Die Schulgebäude sind in einem desolaten Zustand.“ Es bleibt also viel zu tun.
Wer Anselms Einsatz in Mosambik unterstützen will: Das Spendenkonto bei der Volksbank Esens eG lautet: IBAN DE97 2829 1551 0019 2430 00; Stichwort: „Anselms Afrika-Hilfe“. Weitere Informationen auch auf der Website www.inselmaler.de.

„Pendler zwischen den schönsten Orten“
Nachdem Anselm 2022 sein „Atelier am Meer“ samt Malschule und Verlag an seine Enkelin Carmen Prester übergab, genießt er eine neue Freiheit: „Ich pendle zwischen den zwei schönsten Orten Deutschlands, nämlich Tegernsee und Langeoog.“
In seiner alten Heimat am Fuß der Alpen fühle er sich sehr wohl, betont er. Aber im Rhythmus von vier bis fünf Wochen freue er sich wieder auf die Insel: „Langeoog hat etwas Besonderes, das die Berge nicht wirklich toppen können“, lächelt er verschmitzt. „In meinem ‚Utkiek‘ habe ich ein paradiesisches Fleckchen, das mir ein Gefühl von Weite und Unendlichkeit gibt.“ In Anselms pyramidenförmigem Atelier unterm Dach entstehen immer noch Ölgemälde und Pastellbilder, die Tina Fourmont im darunterliegenden „BilderBuch“ verkauft. Der Erlös fließt auch in Anselms Afrika-Projekte mit ein.
Von seinem Langeooger „Utkiek“ aus kann Inselmaler Anselm auf die Weite der Nordsee blicken. Foto: privatAußerdem gibt es im „BilderBuch“ an der Höhenpromenade jetzt Anselms beliebte Bildbände „Inselmaler“ und „Insel und Meer“ zum Aktionspreis von nur 19,90 Euro. Der Sonderpreis gilt auch im Online-Shop auf www.inselmaler.de (zuzüglich Versandkosten).

„Atelier bei Carmen in guten Händen“
Im Sommer erhielt das „Atelier am Meer“ Besuch vom NDR: Ein Team um Redakteur Volker Ide drehte Szenen für die Reihe „Landpartie“ mit Moderatorin Heike Götz. Heraus kam ein kleines Porträt über Inselmaler Anselm und Carmen Prester. Ein Sendetermin für diese Folge der „Landpartie“ stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
Nicht nur vor der Kamera freut sich Anselm über seine Nachfolgerin: „Carmens Malkurse laufen sehr gut, sie ist bei ihren Schülern sehr beliebt“, lobt er. „Die Zusammenarbeit mit meiner Enkelin hat sich sehr positiv entwickelt. Ich weiß das ‚Atelier am Meer‘ in guten Händen.“

Intensivwoche am Tegernsee
So wundert es nicht, dass Anselm auf Langeoog keine Malkurse mehr gibt. Doch einen gibt es noch – am Tegernsee. „Es handelt sich um eine Intensivwoche, die ich jetzt zum dritten Mal anbiete, und zwar vom 1. bis 4. Mai 2024“, erläutert Anselm. In der Regel nehmen ältere Schüler von ihm teil, die ihn schon lange kennen: „Wir malen keine Dünen, sondern widmen uns der Voralpen-Landschaft mit ihren ruhigen Seen.“ Interessierte können sich bei Anselm telefonisch unter 0171-531-8672 anmelden.

-köp-

Vertrauensvolle Bücherfreunde

Freude am Ehrenamt hat das Team der Vertrauensbibliothek im Beiboot: Bärbel Otten, Helga Leiß, Regina Lauerwald und Annemarie Mack. (v.l.; im Bild fehlt Gudrun Braeker). Foto: Mayk Opiolla, LangeoogNews Das Team der Vertrauensbibliothek im „Beiboot“ sorgt für abwechslungsreichen Lesegenuss

In Schweden wird Allerheiligen am ersten Samstag im November begangen. Es ist ein Feiertag, an dem auch die Bibliotheken geschlossen haben. Wenn nicht vergessen wird sie abzuschließen. Gerade das ist allerdings den Mitarbeitenden der Städtischen Bibliothek im schwedischen Göteborg passiert. Was geschah? „Alle sind liebevoll mit unserer Bibliothek umgegangen – so wie es sein sollte“, war später auf der Instagram-Seite der Bibliothek zu lesen. Hunderte Menschen liehen Bücher an der Selbstausleihe ordnungsgemäß aus, lasen friedlich Zeitung oder stöberten in den Regalen nach Büchern.
Diese anheimelnde Geschichte von Menschen, die ein Gemeinschaftsgut wertschätzen, hat auch etwas mit der kleinen Insel in der Nordsee zu tun. Denn auf Langeoog gibt es eine Vertrauensbibliothek.
Vor mehr als 20 Jahren habe Gisela von Mering, die Ehefrau des damaligen Pastors der Inselkirche Klaus von Mering, die Vertrauensbibliothek im Gemeindehaus „Beiboot“ eingeführt, ­erinnert sich Helga Leiß. Gemeinsam mit Regina Lauerwald, Annemarie Mack, Bärbel Otten und Gudrun Braeker arbeitet sie ehrenamtlich in der Vertrauensbibliothek.

Selbstbedienung voller Vertrauen
Sie alle lesen gerne, oft sogar mehrere Bücher gleichzeitig. Sie helfen auch gerne, mögen die Gemeinschaft und die freie Zeiteinteilung, die ihnen ihr Ehrenamt ermöglicht. „Wir sind total unabhängig. Jeder macht, wie er will“, sagt Helga Leiß. „Wir machen zum Beispiel einen Spaziergang, gucken in der Bibliothek vorbei, ob was zu tun ist, und gehen dann einen Kaffee trinken.“ Und Gudrun Braeker ergänzt: „Bücher zum Einsortieren liegen immer da.“
Einmal im Jahr sortieren sie aus. „Was mich überrascht“, sagt Gudrun Braeker, „ist, dass in den Büchern nie Sand drin ist. Auch nicht in den Regalen.“ Der achtsame Umgang mit den Büchern ist ihnen allen wichtig. Daher fällt es ihnen auch schwer, Bücher wegzuschmeißen. Aber manchmal muss es sein. Wenn sie zu unansehnlich und zerknittert sind, Eselsohren haben. „Gerade die Taschenbücher werden oft umgeschlagen, die lassen sich dann auch nicht mehr gut verkaufen“, erklärt Gudrund Braeker. Denn Bücher, die noch gut erhalten sind, aber nicht mehr aktuell, landen auf dem Bücherflohmarkt der Bibliothek. Auch hier läuft die erbetene Spende auf Vertrauensbasis.
Büchereiausweis, Karteikästen, Inventarliste braucht es alles nicht. Stöbern, aussuchen, ausleihen, zurückbringen. So funktioniert die Vertrauensbibliothek. Um die 3.000 Bände können ausgeliehen werden. Es gibt Romane, Krimis, Biografien, Kinder- und Jugendbücher. Bücher zur Heimatkunde, Kunst- und Kulturgeschichte. Religiöse Bücher, Bücher zu Lebensgestaltung und Sinnfragen, zur Ökologie, zu Eine-Welt-Themen und zur Abrüstung.
Einmal im Jahr werden von den Geldspenden auch Neuerscheinungen gekauft. So konnten sie für 700 Euro in diesem Jahr viele neue Kinderbücher erwerben. Im Jahr davor seien es Romane gewesen, erinnert sich Bärbel Otten. Der Kindertisch, eine Spende der Langeooger Kindertagesstätte „Wichtelnüst“, lädt nun Kinder dazu ein, Bücher zu entdecken.
Das interessante und vielseitige Buchangebot entsteht auch durch die vielen Buchgeschenke, die der Vertrauensbibliothek durch Haushaltsauflösungen oder am Ende der Ferien von Gästen zuteil werden. Regelmäßig schicke ihnen auch eine Urlauberin ein großes Buchpaket aus Kiel. Dass jemand aus Versehen Bücher mit nach Hause genommen hat, habe es auch schon gegeben. „Sie wurden zurückgeschickt – mit einer Packung Pralinen“, erinnert sich Bärbel Otten.
Leider sei es auch schon vorgekommen, dass Bücher nicht mehr zurückgebracht wurden, sagt Helga Leiß. „Wir kümmern uns gerne um die Bücher. Wir erwarten aber auch, dass sie gut zurückkommen.“ Vor einiger Zeit sei etwa eine ganze Reihe Astrid-Lindgren-Bücher verschwunden. Seitdem gibt es in jedem Buch einen Aufkleber, der darauf hinweist, es wieder zurückzubringen. Jetzt hoffen sie, dass sich die kleine Erinnerung positiv auswirkt.
Zur Weihnachtszeit holen sie den Fundus an Weihnachtsliteratur aus dem Lager im Keller und richten die Bücher auf einem Weihnachtstisch her. Das Team freut sich immer, wenn es die Vertrauensbibliothek betritt und Menschen aller Altersklassen beim Lesen antrifft. In diesem Jahr bekamen sie von der ­Kindertagesstätte „Wichtelnüst“ der Inselgemeinde einen Kindertisch gespendet, den Dominique Seifert, der Küster der ­Inselkirche, aufbaute. Oft würden Familien an dem Tisch sitzen und gemeinsam lesen. Das sei ein schöner Anblick, findet Helga Leiß.

-jeg-

Vertrauensbibliothek im Beiboot
Hauptstraße 15 | Täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet
Bücherspenden sind nach Abstimmung willkommen. Bitte im Vorfeld einen Termin mit dem Team der Vertrauensbibliothek über die E-Mail-Adresse buecherspende@inselkark.de oder über das Pfarramt (Telefon: 04972–922449; E-Mail: KG.Langeoog@evlka.de) vereinbaren.

Kaffeezeit international

Mehr über die Ein- und Auswandergeschichte Deutschlands haben die Teilnehmenden bei einem Ausflug nach Bremerhaven erfahren. Dort haben sie das Deutsche Auswandererhaus besucht.Das Projekt „Moin-Miteinander, Langeoog“ bringt Menschen aller Nationen zusammen

„Im Anschluss an unsere Ausstellung ‚Langeoog 800 Jahre ­Migration‘ hat der Ausflug ins Deutsche Auswandererhaus gut gepasst. So konnten wir viel über Migration aus Deutschland erfahren“, erzählt Monika Palutke. Mit „wir“ meint sie die Teilnehmenden des Projekts „Moin-Miteinander, Langeoog“, das es seit April 2022 auf der Insel gibt. Bei dem Projekt geht es um die Förderung des Gemeinschaftsgefühls aller auf der Insel lebenden Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Monika Palutke ist von Anfang an dabei und hat im November die Projektleitung übernommen.

Gemeinschaft leben
Viel konnte in den vergangenen knapp zwei Jahren umgesetzt werden. Dazu gehört die Ausstellung zur Migrationsgeschichte auf Langeoog, die im August und Oktober im Haus der Insel (HDI) gezeigt wurde (der „Utkieker“ berichtete). Neben den ­Tafeln zur Migrationsgeschichte der Insel erzählten einige ­Inselbewohnerinnen und -bewohner ihre ganz persönliche ­Geschichte, die über QR-Codes abgehört werden konnten. ­Monika Palutkes Vorgänger Ralph Keuenhof hat die Ausstellung organisiert. „Durch sein Wissen und Können aus dem ­Medienbereich hat er die Ausstellung professionell vorbereiten können“, betont die neue Leiterin. Daher werde er weiterhin die technischen und medialen Aufgaben übernehmen, sagt sie. Denn, so der Plan, 2024 soll die Ausstellung ein weiteres Mal zu sehen sein.
„Viele Besucherinnen und Besucher der Ausstellung haben in unser Gästebuch geschrieben und sich gewünscht, die Ausstellung nochmal zu sehen. Auch eine Dauerausstellung fänden viele gut“, erzählt Monika Palutke. Was genau wann möglich sei, darüber müsse noch gesprochen werden.
Die Fahrt nach Bremerhaven ins Deutsche Auswandererhaus Anfang November ist in diesem Jahr ein besonderer Ausflug gewesen, um mehr über die Ein- und Auswanderergeschichte in Deutschland zu erfahren. Wie alle anderen Aktionen des Projekts, sei auch der Ausflug nach Bremerhaven vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert worden.
„Wir waren zu siebzehnt, kannten uns zum Teil noch nicht und haben auf der Fähre erst einmal ein Kennenlern-Spiel gemacht“, sagt Monika Palutke. Sie habe im Vorfeld in den Langeooger Hotels Werbung für den Ausflug gemacht, da viele neue Auszubildende aus Vietnam in den Hotels beschäftigt seien. „Wer in ein fremdes Land kommt, freut sich, wenn es Informationen über den neuen Ort und Angebote gibt. Sie helfen dabei, Unsicherheiten abzubauen und unterstützen das Ankommen“, weiß Monika Palutke, die auch Deutschkurse für die Volkshochschule Friesland-Wittmund auf der Insel anbietet. Der Besuch des Museums sei ein Erlebnis gewesen: „Alle konnten Kontakte knüpfen. Die Auszubildenden kamen aus der Schul- und Arbeitswelt raus, sonst sind sie immer unter sich. Wenn man sich jetzt auf der Straße sieht und begrüßt, ist das viel mehr, als man denkt.“

Menschen zusammenzubringen, das ist es, was Monika Palutke erfreut. Seit Beginn des Projekts organisiert sie (bis Oktober 2023 gemeinsam mit Ralph Keueunhof) die wöchentlichen Mittwochstreffen im Pfarrsaal der katholischen Kirche St. Nikolaus. Im Oktober haben die Teilnehmenden dort gemeinsam Halloween gefeiert, eine Woche zuvor sich getroffen, um die Dekoration für das Fest – Fledermäuse, schwarze Katzen, Kürbisse und Hexenhüte aus buntem Papier – zu basteln, um dem Raum Halloween-Atmosphäre zu verleihen. Halloween sei ein internationales Fest und so sei auch die Zusammensetzung der Gruppe gewesen: Menschen aus Rumänien, Polen, Ungarn, der Ukraine und Deutschland haben zusammen gefeiert, gegessen und gespielt, erinnert sich Monika Palutke. Gemeinsam wurde Halloween im Pfarrsaal der katholischen Kirche St. Nikolaus gefeiert. Fotos: Moin-Miteinander, Langeoog

Karpatka, Tiramisu und Plätzchen
Gemeinsame Spieleabende sind für die Winterzeit angedacht sowie für die Adventszeit eine Weihnachtsbastel-Aktion. Im Oktober fand zum ersten Mal die „KaffeeZeit international“ statt. Jeden dritten Mittwoch im Monat wird eine Gebäckspezialität aus einem anderen Land, einem anderen Bundesland oder einer anderen Region aus Deutschland zum Kaffee gereicht. Polen machte den Auftakt. Es ist das Heimatland von Monika Palutke. Sie bereitete polnischen Kaffee zu: „Das Kaffeepulver kommt direkt in die Tasse und muss mit heißem Wasser aufgegossen werden, damit sich Schaum bildet.“ Außerdem hat sie Karpatka gebacken. Zum ersten Mal. Von der Optik ähnelt der Windbeutelkuchen den Karpaten, daher auch der Name. Gefüllt ist er mit einer Puddingmasse und viel Butter. Zusätzlich hat sie verschiedene polnische Schokoladenriegel und Kekse mitgebracht. Im November war es Italien; gemeinsam wurden Tiramisu und Espresso genossen. Um Weihnachtsplätzchen aus Deutschland geht es im Dezember.
„Bei unserer Kaffeezeit können alle auf andere Gedanken kommen, ihr Land vorstellen und andere begeistern“, sagt Monika Palutke. Die Vielfalt und Offenheit sei schön und bereichernd, nichts sei negativ behaftet. Für das nächste Jahr wolle sie noch mindestens zwölf Teilnehmende motivieren, die Kaffeezeit ihres Landes vorzustellen. „Ich habe das Gefühl, dass es den Leuten gefällt und gut tut“, freut sie sich und ergänzt, was die „KaffeeZeit international“ so bedeutsam macht: „Neben der ­Gesundheit ist Zeit das wichtigste Gut. Daher haben wir die KaffeeZeit.“

-jeg-

Moin-Miteinander, Langeoog
Projekt zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls aller vor Ort lebenden Menschen
Das gemeinnützige Projekt wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Rahmen des Programms „Gesellschaftlicher Zusammenhalt – Vor Ort. Vernetzt. Verbunden“ noch bis Ende 2024 gefördert. Die Projektdurchführung hat der gemeinnützige Verein Kubus e. V. (Kultur und Begegnung für Menschen in unterschiedlichen Situationen) übernommen.
Wer sich für das Integrationsprojekt interessiert, kann sich an Projektleiterin Monika Palutke wenden (Telefon: 04972-990 9507; E-Mail: monika.palutke@kubusev.org). Die Mittwochstreffen finden ab 16.30 Uhr im Pfarrsaal der katholischen Kirche St. Nikolaus, Strandjepad 1, statt. Weitere Informationen auch auf www.moin-miteinander-langeoog.de.